Die Kolonien des Virus Vol.8 über Lebenskampf


Süsse Kolonien hat dieser abartige Virus erschaffen. Glücklicherweise hat er in diesem Stadium noch keine Möglichkeit gefunden, den restlichen Raum zu bevölkern. Ansonsten würde es blutig enden, zumindest für dessen degenerierten Zellen. Zurzeit sind die Kolonien noch immer damit beschäftigt, sich gegenseitig runterzudrücken, aus Angst davor, selbst unterzugehen. Sie bedrohen sich gegenseitig und prügeln auf die schwächeren ein, nicht nur um ihre Macht zu demonstrieren. Die durch ständige Attacken gepeinigte Kolonien sind oftmals günstig gelegen, wenn es um den primitiven Energieträger des Virus geht. Ansonsten werden die meisten Kämpfe über Zahlen geregelt, die grösstenteils in Märkten wachsen und fallen, die kaum noch einen realen Bezug zum Geschehen auf dieser Kugel haben. Und doch reissen sie ständig Tausende bis Millionen Zellen in den Tod oder zumindest in lebensunwürdige Zustände. Den meisten sind diese Zusammenhänge noch zu komplex und ihr Organell ist sowieso nicht fähig, all die einzelnen Schritte und Entscheidungen in ihrer Gänze abzubilden. Aber die Auswirkungen wären eigentlich klar, es bräuchte nur ein bisschen Verstand, um die Sinnlosigkeit vieler Geschehnisse zu hinterfragen. Und jetzt gerade ist ein kritischer Augenblick, dessen Ausgang grundlegende Voraussetzungen der Zukunft bestimmt. Und es sieht nicht gut aus für den Virus. Seine Entwicklung zurück zu einer friedlichen Art müsste bald geschehen, doch er ist gespalten und die Kolonien spielen immer noch ihr tödliches Spiel. Jenseits der Mauer ihrer Machtspiele brodelt der vergessene Planet ihres Daseins etwas zusammen, was sie aus seinem Ökosystem rausspucken und löschen wird. Die ständige Maximierung ihrer Zahlen liess sie diesen ausnehmen und zerstören, sie wollten ihn benutzen wie es ihr Ego für angemessen hält. Und dieses kriegt nie genug. Auf jeder Ebene spielt diese Krankheit eine wichtige Rolle, die verhindert, dass sie ein Bewusstsein erlangen. Sie alle streben nach einer gefühlstoten Umgebung, die sie die Realität vergessen lassen und all der Schmerz, der sie seit Beginn ihrer Existenz heimsucht. All die Namen der Kolonien verwirrt sie und sie hören nur schreckliche Geschichten über all die anderen. Ihre eigene scheint für sie die einzig wahre zu sein und kritische Sichtweisen werden nicht gern gesehen. Solche Zellen sind ihrer Kolonie nicht würdig, nicht für die Kraft oder die Reinheit, die sie besitzt oder besass. Entweder schützen sie sich vor solchen, die sie runterziehen wollen, oder sie beäugen missgünstig, wie sie selbst ausgenommen werden, während andere glorreiche Zeiten erleben. Manch andere liegen irgendwo dazwischen und blicken auf die anderen Kolonien herab, da sie in gewalttätige Konflikte gerutscht sind, was ihnen nie geschehen könnte, was sie tatsächlich glauben. Obwohl der Virus schon vor langer Zeit aus der herkömmlichen Wildnis herausgewachsen ist und sich auch nicht geniert, sich darüber und über allem darin zu stellen, doch er handelt dennoch wie in einem primitiven Überlebenskampf. Und dieser ist nicht unberechtigt, denn es sterben Zellen nur vor sich hin aus unterschiedlichsten Gründen, jedoch scheinbar kaum natürlich. Der Überlebenskampf hat für sie komplexe Formen angenommen, die nicht mehr Handlungen voraussetzen, die direkt zum Überleben führen. Sie müssen sich diesem abstrusen Zahlensystem unterwerfen, welches verlangt, dessen Zugang zu sichern, damit man von den Gaben der Organisationen etwas abhaben kann. Dafür müssen sie nahezu ihre komplette Zeit dafür opfern, in deren Diensten tätig zu sein, um deren Aufgaben zu erledigen. Die meisten darin erhalten gerade genug Zahlen, um sie gegen überlebenswichtige Nährstoffe auszugeben, sogar um einen Platz in all ihren Betonklötzen zu erhalten, der sie von der Unbarmherzigkeit der Natur schützt. Die Plätze in den Organisationen sind heiss begehrt, doch leider begrenzt vorhanden. Für Verlierer der Kämpfe gibt es teilweise Möglichkeiten, dennoch zu überleben, sofern sie bereit sind, sich den Voraussetzungen dafür zu beugen. Wenn nicht, gibt es immer noch genug Möglichkeiten, die jedoch oftmals geächtet und gar bestraft werden. Die Strafe sieht zwar vor, dass sie einen Platz in einem Bauklotz erhalten, jedoch gelangen sie für eine gewisse Zeit nicht mehr heraus. Und der Überlebenskampf wird danach nicht einfacher für sie, die aus diesen Zellen wieder herausgelassen werden. Obwohl die wenigsten schon unter solchen Umständen existieren mussten, kennen die meisten das Gefühl, eingesperrt zu sein. Diese Form des Überlebenskampfes diktiert ihr Verhalten jeden Tag, die Kolonien und Organisationen befehlen, aus denen letztendlich auch nur Zellen sprechen. Sie hätten genug, genug Wissen, genug Nährstoffe und Gebäude, um allen das Überleben leichter zu gestalten, doch ihre Krankheit lässt es nicht zu, es würde an ihrem Ego kratzen. Immerhin haben sie allesamt bis jetzt alleine überlebt. Zumindest reden sie sich das ein, bis sie sterben. 

RvH, 31.10.2019, 16:47, 0102