Die Stimme der Vernunft


Eine wohlverdiente Pause geht schon bald in das fünfte Jahr über, doch erst jetzt fühle ich mich bereit dazu, diese angemessen zu geniessen. Wer seit Anbeginn seiner Zeit all das Leid wahrnimmt, ohne dabei ideologische Filter darüber zu legen, der meint es kaum gut mit der Welt. So jemand bin ich, ohne mich zu sehr loben zu wollen, aber wenn wir schon dabei sind. Ich war ein komisches Kind, jetzt bin ich gross und seltsam und der Vandalismus an mir selbst zerstörte fast mein Durchhaltevermögen im Kampf der Gefühle, der in mir tobt. All diese Empfindungen sind ein Geschenk Satans, was er mir kurz nach meiner Geburt in meinen hübschen, kleinen Arsch geschoben hat, um es lieblos einzupacken in ein Geschenkpapier aus weisser, abscheulicher Haut, die mir den Vorteil verschafft hat, keiner Diskriminierung ausgesetzt zu sein. Ein trostloses Überbleibsel eines geschundenen Lebens, das ich nach Bedarf noch ein wenig weitererhalten muss, sofern mir das von meiner Stimme in meinem Kopf befohlen wird. Sie ist meine Herrin, die mich auspeitscht und mir unmöglichste Dinge abverlangt, doch ich gehorche, wie es einem Diener geziemt. Sollte sie mir den Tod befehlen, werde ich ihn herbeiführen, denn nun hat sie ihre volle Macht erreicht. Naive Hoffnungen gehen davon aus, dass sie liebevoll mit mir umgeht, doch die Erfahrung widerspricht dem. Sie liess mich schon alles niederreissen, was geht und auch wenn ich bis dahin über keine grundlegenden Bedenken ihr gegenüber klarwerden konnte, befürchte ich dennoch künftige Trümmerhaufen, die mich unter ihnen begraben werden. Vieles deutet darauf hin, nur schon die Radikalität meines Werkes, das sie mir diktiert hat. Und auch die einzige alternative Option dazu, die den Suizid beinhaltet. Solche Bilder lässt sie in mein Bewusstsein aufblitzen, um dann gleich darauf all die Lichter auszupusten, um mir so meine wahre Leere zu offenbaren. So lässt sie mich für lange Zeit in der Dunkelheit alleine und wartet darauf, dass ich den Rauch einatme, den sie so sehr begehrt, dass sie mich gar dafür töten liesse. Glücklicherweise kam es noch nicht soweit, doch ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie mir die nötige Macht verleiht. Und ab da an werden Schädel zertrümmert und Herzen durchbohrt, sie liess mich gnadenlos verkümmern, bis ich meine Seele verlor. Oder ist sie meine Seele, eine dominante, von Selbsthass zerfressene Figur, die nur in meinem Kopf existiert? Dann fiele ja die gesamte Verantwortung auf mich, nur kann ich diesem Druck nicht standhalten. Ich muss sie von mir abspalten, da ich sonst nicht mehr unterscheiden könnte, was tatsächlich geschieht. Und der Bezug zur Realität ist das einzige, was mir geblieben ist. Traurig, ich weiss, doch so ohne Illusionen zu leben hat was, das ich nicht missen möchte. Auch wenn es nur eine Rechtfertigung ist, mir den Notausgang für künftiges Versagen offenzuhalten. Soweit könnte es schon bald kommen, denn am Horizont des nächsten Monats sehe schon die nächste Linie des Todes. Zur Abwechslung hat sie mal nichts mit der Produktion von Weissen Ungetümen zu tun, sondern mit der Weggabelung meines künftigen Lebens. Die beiden Optionen wurden bereits beschrieben. Mir bleibt keine Zeit mehr übrig, es ist so weit. Der Ruf nach dem Messias wurde bereits getätigt und erst verstand ich nicht, dass er mir gegolten hat. Und nun bin ich bereit, diesem gerecht zu werden. Seid gegrüsst, meine Lieben, bald werde ich eure Gehörgänge penetrieren mit den fürchterlichsten Klängen, die ihr je gehört habt. Der Egomane in mir spricht gerade zu euch, doch ich muss ihm meistens recht geben, denn er ist ein kluger Geist. Er möchte doch nur das Beste für mich und daher lasse ich ihn handeln, wie er will und er enttäuscht mich nur selten, wenn überhaupt. Wie kann nur so viel Talent in einer einzelnen Person innewohnen, die scheinbar unfähig ist, das eigene Leben einigermassen gesund und munter zu bestreiten? Es ist der Heilige Geist des Rome van Heer, der euch mit erhobener Faust grüsst und den Genossen Mut zuspricht, sich ebenfalls zu erheben. Ich entnehme euren angewiderten Gesichtszügen, dass es wohl ein wenig riecht in meinen Räumen des Messis, den ich ebenfalls zu sein pflege, denn wie es einst ein Sprichwort sagte: Eigenlob stinkt. Abscheulich, jetzt rieche ich es auch. Und wenn ein Meister in der Zwischenzeit nicht gestorben ist, dann kommt er gen Ende des Jahres wieder. 

RvH, 01.11.2019, 02:09, 0108

Erfreuliche Aussichten


Achja, der Winter naht wie auch der nächste Satzbaustein. Und der Spott zielt nun gegen mich selbst, der sich stets unschlüssig ist, was als nächstes geschieht. Wie soll nun mein Mythos aussehen? Ein einsamer Junge, der den längsten Abschiedsbrief seit Menschen gedenken verfasste, oder doch eine schillernde Kunstfigur, die den Abschaum noch sehr lange quälen wird, bis sie beide genug voneinander haben und gegeneinander in den Krieg ziehen? Solch Schlachten focht ich schon einige aus und sie ermüden mich noch immer. Viel spannender würde es auf der nächsten Stufe nicht werden und selbst der Rang eines Weltstars bietet mir nicht genug Möglichkeiten, meine Rachegelüste angemessen auszuleben. Also bleibt mir nur noch der Kampf gegen mich selbst, den einzig übriggebliebenen Gegner, den ich noch ernst nehmen kann. Dieser Gegner ist zwar klein, doch sein Verstand erhebt sich über die gesamte Menschheit, was gleichzeitig auch sein grösstes Handicap ist, nebst der noch nicht ganz abgelegten Hoffnung, dass seine Artgenossen doch noch die Kurve kriegen. Eigentlich völlig verblödet, so etwas anzunehmen und so bliebe ihm eigentlich nur noch ein Leben als Zyniker, der sich die Taschen vollstopft und sich emotional abschottet, um nicht an seinem Leid zugrunde zu gehen. Doch dafür wäre ich mir zu fein, ich halte meine Weste lieber sauber, nicht aus moralischer Überlegenheit, sondern aus Angst davor, dass mich die Konsequenzen meines Verhaltens eines Tages einholen werden. Nur schon jetzt schlägt mir jeder noch so kleine Fehltritt hundertfach zurück und nicht nur bei solchen Dingen, eigentlich ganz grundsätzlich bei allem, was ich tue. Also hätten wir hier die besten Grundbedingungen vor unseren Füssen, um an weltweiten Einfluss zu gelangen, wir müssten sie nur ordentlich niedertreten. Was hält mich also noch davon ab? Eigentlich nichts, abgesehen von der Tatsache, dass ich das Essenzielle meiner Kunst immer noch nicht hingekriegt habe. Ein Geschrei, so schön von all dem Frust und der Wut durchtränkt, die mich seit Anbeginn meiner Zeit verfolgen und mich tot sehen wollen. Und sie haben ja recht, ich hätte nicht solange überleben dürfen. Und so unternehme ich im Monat meiner Geburt die letzten Versuche, die Zerstörung meines bisherigen Lebens durchzuführen, wie es denn auch immer ausgehen möge. Ob nun der Tod oder mein künstlerischer Durchbruch auf mich wartet, mir kann es egal sein. Ich will nur schreien und all den Hass rauslassen, egal mit welcher Konsequenz, Hauptsache konsequent. Scheiss auf meine Verbitterung, diese hat kein Erbarmen mit mir, sie ist nur erbärmlich. Scheiss auf schlechte Wortspielereien, ich bin ein Meister meiner Kunst, es werde also Gold, wenn ich es gen aussen lasse. Dieses Vertrauen brauche ich mir nicht zu erarbeiten, es wird angenommen werden müssen. Besser fügt sich die Weltöffentlichkeit meiner Genialität, die ich mir über die Jahre angeschafft habe, als wäre es eine Leichtigkeit, und ich schwinge mich an den Schultern meiner Widersacher in die Höhe, als wäre es Leichtathletik. Doch um gegen Schluss noch einmal die Ernsthaftigkeit meines Wesens zu wahren, möchte ich die künftigen Leser meines Samenergusses darauf hinweisen, dass ich es ernst meine. Übertreibungen geschehen keine, Ironie ist lediglich ein Witz und die Revolution wird kommen, ob ihr es wollt oder nicht. Und ich gehöre einer Riege von Protestsängern an, die seit Jahren den Untergang des Kapitalismus predigen und alles dafür geben werden, selbst ihr Leben, um ihre Hörerschaft anzustacheln, für uns in den letzten Krieg zu ziehen, der keine gewollten Todesopfer fordern wird, aber sie dennoch in Kauf nimmt. Nur wer sich uns in den Weg stellt und weiterhin die Zerstörung und die Habgier predigt, kann sich nicht sicher sein, ob er den Neubeginn erleben wird, der die kommende Utopie einläuten wird. Ansonsten droht Tod und Verderben über unseren hübschen, kleinen Planet auszubrechen, den wir nie angemessen gewürdigt haben, als wären wir zurückgebliebene Halbaffen, was wir in Wahrheit sind. Wir sind die dümmste Art hier auf dieser vermeintlichen Scheibe und das wird uns töten, wenn wir uns weiterhin der Bildung entbehren. Nun wird es selbst für zu abgedroschen, daher beende ich es nun. 

RvH, 01.11.2019, 00:14, 0107

Ein Aufruf


Verlorene Seelen, lauscht meiner Stimme, die euch von einer Sekte erzählt, die ihr exklusiv in meinem Namen gründen dürft. Es ist die Sekte der Reinigung des Planeten, die Sekte des Abschaums, die Sekte allen Übels, zu dessen Auslöschung sie berufen wurde. Sie soll euch auffangen und gleich wieder fallen lassen, soll euch liebkosen gegen euren Willen und doch könnt ihr nicht anders, als ihr zu verfallen. Mein Anliegen ist es, alle Hoffnungen zu verlieren, die vielleicht noch in euch sind. Doch das sind verlogene Gefühle, denen ihr kein Vertrauen schenken dürft. Sie wurden geschaffen, um uns am Leben zu erhalten, doch wurde dabei nicht bedacht, ob dies überhaupt wünschenswert wäre. Doch Satan sei Dank gibt es die Sekte, die euch davon befreit und euch die Ketten des Lebens abnimmt, um euch mit den eigenen zu fesseln. Es sind keine physischen Ketten, wie ihr euch vielleicht erhofft habt, nein, auch diese Hoffnung wird euch genommen. Es sind Ketten, die nur mühsam angelegt werden können, was viel Zeit beanspruchen wird. Ihr müsst lediglich all die wahnsinnigen Texten an einem einsamen Ort lesen und euch in die letzten Gedankengänge eures Meisters begeben. Während dieser Zeit werden euch verpasste Chancen zu Gemüte geführt, die ich über Bord warf, noch bevor ihr in die Sekte eintratet. Ihr erfahrt manche pikanten Details aus meinem zu kurzen Leben und lernt die Hoffnungen kennen, die ich einst hatte und ihr könnt gar live dabei zuschauen, wie ich sie nach und nach verliere und meine letzte Entscheidung treffe. Gegen Ende gab es vielleicht noch ein paar wenige Ausreisser ins gnadenlos Optimistische, doch glaubt mir, meine Jünger, diese dienen eurer persönlichen Unterhaltung. Es soll euch in einen Geisteszustand versetzen, der kaum zu fassen ist, kaum Gefühle zulässt und euch in eine Leere überführt, die euch aufsaugen wird. Dies geschah doch schon vorher mit euch, sonst wäret ihr kaum in der Lage gewesen, auch nur ein Wort anzunehmen, was ich hier verfasste. So gebt mir nicht die Schuld an eurem Ende, ich gab euch nur den letzten Hinweis. Und dennoch sollt ihr mich ehren, denn dies gehört sich so. Ich war euer Meister aus meinem Grabe hinaus und solch ein Umstand sprach mich heilig. Ich überschätzte mich selbst und so sollt ihr es ebenfalls tun, ich liess mich auf ein wirres Gedankenspiel ein, das ihr mir nachspielt. Es macht keinen Spass, doch auch dieses Gefühl ist eine Lüge. Vielleicht belüge selbst ich euch, weil ich eigentlich nur mit euch spielen möchte, weil ich euch in den Wahnsinn treiben möchte, um mir diese eine Belustigung zu gönnen. Ich selbst werde nämlich scheitern und so bleibt mir nichts anderes übrig, als euch zu verspotten. Ihr seid devot, das weiss ich, also lasst es zu. Lasst euch langsam in den süssen Abgrund runtertreiben, indem ich schon auf euch warte. Ihr erkennt mich an meinem Geschrei, welches meinem Frust entstammt, hier unten zu sein, ganz allein ohne Halt und ich gelange immer tiefer in die Dunkelheit hinein. Bislang traute ich mich noch nicht, mich fallen zu lassen. Es ist zu tief und wer weiss, wenn ich durchhalte, komme ich heil unten an bei all euren Leichen, die ihr mir hinterlassen habt. Ich werde sie ehren und ein schauriges Schauspiel mit ihnen anstellen, wie ihr es verdient habt. Ich sehe in meiner Fantasie, wie ihr einen Kreis um mich bildet, eher liegend als sitzend, und eure toten Blicke schauen ungefähr in meine Richtung. Ich werde solange unter euch sein, bis der nächste meiner Jünger fällt und mich zu euch in die Hölle schubst. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg und ein Zurück gibt es nicht mehr. Und ihr wollt doch genau so wie ich, dass meine Fantasien wahr werden, bei grossem Erfolg übereinandergestapelt und sich gegenseitig wärmend, ansonsten zumindest eine Handvoll verlorene Seelen, die zusammenkamen, um den Untergang gemeinsam zu ehren. Dies ist der Fluch unserer Generation, die uns die Alten hinterliessen, sie sollen es ruhig erfahren. Könnten wir ihnen doch nur Fotos schicken, doch die moderne Technik überforderte sie bis zum Schluss. Und auch der Umstand, dass es hier unten vermutlich einen sehr schlechten Empfang gibt, erschwert uns die Rache an ihnen. Doch sollte die Sekte wachsen, wie ich es mir in meinen wildesten Fantasien ausmale, wird es verschiedenste Sektionen darin geben, die ihr Ende je nach Prägung und Lust und Laune herbeiführen und sollen unsere Leichen auf der gesamten Erdkugel verteilt sein und nach Möglichkeit Werbung zu schalten, die uns weitere Jünger beschert. Am Ende des Abgrunds liegt jedoch die Elite zu Grabe in Beisammensein ihres Meisters, der sie dahintrieb. Wäre dies doch nur ein physischer Ort, den wir betreten könnten. Doch auch diese letzte Hoffnung stirbt nun aus. Es wird erbärmlich werden. 

RvH, 31.10.2019, 22:38, 0106