Eine Minute nach Geburt des letzten Ungetüms
traf eine seiner Voraussagen nicht ein, doch stattdessen traf eine Kurznachricht
ein, die eilig von hinten angerannt kam, da dessen Erzeugerin es nicht lange
hinter mir aushält, wo ich es doch längst gelassen habe. Es ist mein zynisches
Leben, das mir in zeitlich exakter Abfolge zu versichern versucht, dass es mich
nie in Ruhe lassen wird. Die Vorschläge, die mir unterbreitet werden, werden
immer absurder, denn nun wird gar versucht, mich langsam wieder zurück in
Mutters Schoss zu saugen, wo ich doch unter Beobachtung meinem Wahnsinn eine
Stimme verleihen soll, wo es doch all die 24 Jahre, in denen ich in diesem
Hause eingesperrt war, nie getraut habe aus guten Gründen. Es mangelt am
nötigen Vertrauen, dort alles rauszulassen. Nun bleibt nur noch als einzige
Kommunikationsform die vollkommene Ignoranz allen einkommenden Nachrichten
gegenüber und bei Bedarf können sie hier kommentiert werden. Besser, als sie
direkt zu beleidigen. Dafür muss eine neue Persönlichkeit in der Kunstfigur
her, die ich im Sinne meiner Vorgänger MM & GM Cazzoshady nennen werde. Sie
übernimmt die unliebsamen Aufgaben von Gonzo, für die er sich zu schade ist, da
er sich eigentlich als eine Art Journalist betrachtet, weswegen er private Scherereien
höchstens anreissen möchte, aber nicht genauer erläutern. Auch Rome van Heer
ist sich für solch Unsinn zu schade, da er Persönliches lieber poetisch
umschreibt. Deswegen also Cazzoshady für all den Dreck, der eigentlich nicht
würdig ist für das Werk, doch trotzdem rausgelassen werden muss. Jedenfalls
wird mir der Luftschutzkeller in unserem edlen Einfamilienhaus angeboten, der
durch die Garage erreichbar wäre und so allfälligen Erzeugern ausgewichen
werden kann. Doch wie es der Zufall so will, wird auf gelegentliche Zusammenstösse
nicht verzichtet werden können, die mir unangenehm werden, was nebst dem nicht vorhandenen
generellen Wohlbefinden ein zweiter Grund ist, weswegen auch auf dieses Angebot
verzichtet werden muss. Ich tue alles, um den Ursprung meines Leids nicht sehen
zu müssen und dann kommt sowas. Ich hätte diesen Raum schon längst als Kind für
mich beansprucht, käme es in Frage, meine Seele vor meinen Erzeugern zu
entblössen. Sie sind lediglich für meinen Körper verantwortlich, den Rest geht
sie nichts an. Ich will von diesem Abschaum nicht belauscht werden, während ich
hinter einer Bunkertür verzweifelt versuche, meine Stimme zu erheben. Ein
anderer Raum ist dazu notwendig. Dies ganze Manöver ist nur bedingt nett
gemeint, denn eigentlich dient es nur dem gezielten Arschkriechen, um danach ein
Schulterklopfen einzufordern, ob es nun ehrlich gemeint ist oder nicht. Wäre es
nicht. Nur so nebenbei. Was auch so nebenbei geschah, ist Wesen 2, das wie
öfters vom Nachmittag bis in den Abend hinein direkt neben meinem ehemaligen
Schlafzimmer ununterbrochen redet. Und damit meine ich ununterbrochen. Ich war
kurz da, um die Heizung weiter hochzustellen und hörte sie kurz, hunderte Worte
in wenigen Sekunden zu sagen. Und während dieses Satzes - wer ahnt es schon? -
kam das versoffene Wesen Nr. 1 nach Hause und macht ihre schaurigen Geräusche.
Auch gefühlt hunderte in wenigen Sekunden. Normalerweise höre ich nur noch Metal,
wenn ich schreibe, da ich mich mit dem Lärm der Welt in den Ohren nicht
konzentrieren kann. Für dies aktuelle Ungetüm habe ich mir mal Stille gegönnt
und hatte lange Glück - bis gerade eben. Da erklang auch ein Geräusch, das mich
kurz befürchten liess, dass mir Wesen Nr. 2 in mein Wohnzimmer gefolgt ist,
doch glücklicherweise habe ich mich geirrt. Das wäre ein neuer Höhepunkt meines
zynischen Scheisslebens gewesen. Wie war das noch mit dem Ende der Litanei
gegen diese abartigen Wesen? Das war noch vor der Erschaffung von Cazzoshady,
der all das tut, wogegen ich mich einst entschieden habe und zwar die
gnadenlose Ausschlachtung von vor allem Familiengeschichten, aber auch anderes,
das in der Privatsphäre eines gescheiterten Lebens geschieht. Ein Geräusch
direkt neben der Wand zu der Nachbarsfotze. Ein stechendes Geräusch von einem
relativ kleinen Gegenstand, das ein Ladekabel sein könnte. Und währenddessen
dies dokumentiert wurde, kam ein Türknall - nicht direkt nebenan, aber nicht
weit davon entfernt. Und während des letzten Satzes noch ein Türknall und ein
alkoholisiertes Wesen, das keine Ruhe findet, vor sich hinplappert und hustet.
Es kommt näher, es wird lauter. Ich drehe durch. Immer mehr. Es ist in
Höchstform. Ekelhaft. Ich muss es beenden. Entweder das Leben von diesem
Ungetüm oder das von der Hure unter mir. Oder gleich beide auf einmal. Oder
nacheinander. Hilfe! Ende! Steige nun um auf harten Alkohol und bringe dich
endlich um! Danke!
- RvH - 25.03.2021 - 21:12 - 0312 -