Unter dem Abgrund


Ab in den Untergrund lautet nun meine Devise. Passend dazu hängt nicht nur eine Ruffiction-Fahne mit dem RAF-Logo seit Jahren rechts von mir an der Wand, auch liegt links von mir auf dem Sofa die entsprechende Lektüre. Zu lange hielt ich diese Bibel noch fern von mir, da ich wohl ein Abdriften in die Illegalität befürchtete. Diese Angst ist berechtigt, soviel sei Ihnen bereits versichert. Motive gibt es genügend, ich möchte sie assoziativ auch noch etwas genauer erläutern. Ich war seit Anbeginn meiner Zeit der Prügelknabe für allerlei Abschaum, der sich um mich herum stapelte, über Generationen aufgebaut von einem Virus, sähe ich meine Welt durch ein Mikroskop hindurch an. Die restliche Fläche dieser Kugel, die ich seit meiner Geburt erforsche, wurde im weiteren Verlaufe mit allerlei Hilfsmittel genauer unter die Lupe genommen, worauf mir das Grosse Kotzen kam. Sie kennen es bestimmt, es ist ein widerliches Gefühl, das man kaum aushält. Besser bleibt es versteckt im Unterbewusstsein, wo es sich langsam ausbreiten und den Geist vergiften kann. Auch diesen Verdrängungsprozess bemerkte ich früh auch bei mir, doch meist bekam ich dies bei anderen mit, womit sich auch ihr wirres Verhalten oftmals erklären liess. Dies gesteigerte Bewusstsein liess mich aber nicht abheben, es drückte mich nur tiefer in den Abgrund, der sich in mir gebildet hat. Der Vulkan, der daraus entspringt, brach seit klein auf öfters aus, woraufhin er mit aller Schärfe bekämpft wurde, dass sich dessen Magma nicht zu freifliessendem Lava entwickeln konnte. Es kroch zurück in sein Loch, welches von meiner Seele zur Verfügung gestellt wurde, um innerlich zu verbrennen. Meine gesamte Persönlichkeit ist zwar ein faszinierender, aber komplett entstellter Krater, der nur so von Ecken und Kanten gezeichnet ist. Bekannterweise ist dies ein guter Nährboden für allerlei Auswüchse, die der menschliche Geist imstande ist, um sich herum zu bilden. Hochkreatives - so bilde ich es mir ein - kann unter solchen Bedingungen entstehen, gar ein Ventil geschaffen werden, um nicht durchzudrehen. Also verfiel ich der Schreiberei, um diesen Wahnsinn um uns herum positiv zu nutzen, in meine selbsternannte Kunst einfliessen zu lassen, damit sich darum ein auffälliger Strauss aus allerlei Abgründigen stricken lässt, der mich in die Freiheit des Seins entlassen könnte. Wie auch Ulrike Meinhof stellte ich mir stets die Sinnfrage, die ich lange dachte, für mich beantwortet zu haben. Schliesslich gab mir die Musik und deren poetischen Texte so viel Kraft, nur um zu überleben, dass es sich bereits bei einem Einzelnen lohnen würde. Die Welt bliebe zwar immer noch beschissen, doch immerhin ist einer mehr dabei, um bei deren Untergang dabei zu sein. Wundervolle Aussichten für eine narzisstische Persönlichkeit, die nur ehrlich wegen ihrer Selbst beklatscht werden möchte. Glücklicherweise bewahre ich bei Kundschaften meines Kraters nicht nur die Egoperspektive, weswegen mir die restliche Menschheit - trotz tiefer Verachtung ihr gegenüber - nicht egal ist. Dadurch verunmögliche ich mir das Verweilen im Zynismus, der zwar künstlerisch sehr reizvoll ist, aber menschlich ins Nichts führt, wo sie letztendlich alle fielen. Dies verträgt sich nicht mit meiner Vorstellung, auf ewig zu glänzen und sie alle doch noch zu retten. Sanft kann es nicht ablaufen, durch die Barrikaden zu dringen, um zu ihnen zu gelangen, in ihre Köpfe, ihr Bewusstsein, das schon viel zu lange schläft und im Wochentakt den Wecker um wieder 5 Tage ruhen lässt, der lauthals die Revolution einfordert. Wir wissen es alle, dies Leben fühlt sich nicht richtig an und der einzige Ausweg führt nach draussen in die Kälte der Nacht, vor der wir uns eigentlich optimal schützen können, nur wird diese Errungenschaft nach wie vor als Privileg klassifiziert. Doch ein Gefallener Engel aus der Mittelschicht macht sich bereits auf den Weg in dieses schreckliche Fledermausland, vor der wir uns noch mehr fürchten als vor unserer eigenen Angst, und er breitet seine Flügel aus, um euch, seine Schäfchen, ins Trockene zu bringen. Dort gehört ihr hin, in all diese Wohnungen, die ohne euch alleine im Regen stehen würden. Er wird schon bald Bomben fallen lassen, um erst die zahlreichen Kaufhäuser seiner Umgebung anzustecken, - er mag Konsum nicht sonderlich - damit sich erst der Mythos von Agglo Züri verbreiten kann, woraufhin sich ein Flächenbrand entfalten wird. Beim späteren Brandstifterprozess wird das Geheimnis gelüftet und ordentlich durchgesaugt, damit sich all die Staubkörner ausgetrockneter Herzen im Gerichtssaal versammeln, um ihn erst dort zu befreien und danach auch vom Kapitalismus. Denn all dies ist nur Teil eines ausgeklügelten Marketingplanes, den er sich im tiefsten Untergrund seiner Seele ausgemalt hat, um auf sein Manifest aufmerksam zu machen: Freies Denken aufgrund von Fakten. Es ist mehr als ein Buch, es ist das erste Kapitel der Bibel meiner Jünger, die spätestens ab da an dem Wahnsinn verfallen und wie einst ihr Vorbild in seiner Kindheit die Wut erst rausschreien, sie dann aber kontrolliert brodeln zu lassen, damit der bestehenden eine weitere Drohkulisse hinzugefügt wird, die das System von Innen zernagen wird, indem sie darauf herumtrampeln wie ein Känguru, bis es platzt und endlich Platz für alle da ist. Doch erst noch fertigschreiben. 

- RvH - 11.05.2020 - 18:18 - 0168 -