Live aus den Gemächern


Kopf kaputt. Er bewegt sich im Rhythmus diabolischer Klänge und sinnt über Leben und vor allem Tod nach, dessen Herbeiführung es ihn gelüstet. Die Stimmen kreischen es ihm vor, wie es sich bei den Details verhält. Ruhig muss er sich verhalten, er lauscht weiter. Die nächste meldet sich zu Wort, auch ihre Kunststücke begeistern mich. Sie sind recht stumpfsinnig gehalten, aber der Puncheffekt ist vorzüglich und erst deren Untermalung. Sie füllt den Hintergrund mit zahlreichen, sich wiederholenden Schlägen auf, die den Körper ihrer Begierde bearbeiten, um die Beweise in den Boden zu stampfen. Dabei kommen die Glieder ununterbrochen zum Einsatz. Sie feuern längst einstudierte Bewegungsabläufe ab - gezielt und hart - um ihren Gegner auszuschalten. Vorerst kommt diese Stimme in den Recall. Sie hält sich hartnäckig an ihre Opfer, denen nichts anderes übrigbleibt, als sich diesem Wahnsinn zu unterwerfen. Runde um Runde bestand sie mit immer neuen Glanzstücken, die sie mir entgegenschrie, während sie relativ simple, aber geile Drohungen ausspuckte, rauskotzte. In Rotz und Sperma aufgelöst zieht sie ihre Fäden und lässt das Publikum glauben, sie selbst bestehe aus tausend Stimmen, die wiederum sie anschreien. Eine interessante Spiegelung der Realität, die sie mir versucht, vorzuwerfen. Es gelingt ihr nicht wirklich, so ist auch schon die nächste dran. Diese packt wieder ihr hohes Kreischen aus, das mich auch schon vorhin wieder einmal entzückte. Es wird sich als eine weise Entscheidung herausstellen, sie bis in das Finale bestehen zu lassen. Dieses krankhafte, dem gestörtesten Mann der Schweiz angemessene Gefühl für ein Erstlingswerk will ich mir bewahren. Sie wurde soeben auserwählt. Es entwickelt sich langsam, ich sehe es schon am Horizont, wie es sich bereit macht, endgültig auszuwachsen. Ein Monster wird es sein, das alles jagt, was es in seiner Landschaft anmacht. Düstere Gelüste wird er an ihnen ausüben, er wird sie missbrauchen und züchtigen, sie dorthin jagen, wo er sie haben will. Ganz weit links, von hier aus sieht man die Rechten gar nicht mehr. Sie sind verlorenes Erbgut, das aussterben muss, weil es ansonsten gefährlich werden würde. Wenn sie nicht mehr überzeugt werden können mit hartnäckigen Diskussionen und sich nur unzusammenhängende Floskeln voller Frust und Verachtung als Antworten präsentieren, dann sind sie leider zu dumm, um zu überleben. Wenn Gefühl und Gedankenstruktur so einbruchgefährdet sind, dass ihnen ein Genozid zugetraut werden kann, dann ist ihnen nicht mehr zu helfen. Letztendlich dreht sich meine Kunst ganz grundsätzlich um genau diese Überlegung, wie sie es schaffen könnte, die Massen gegen die Lawine von Rechts zu mobilisieren, wenn nötig mit Gewalt. Sie sehen es, ich befinde mich gerade in jenem Stadium meiner psychischen Entwicklung, in der ich zwar noch zwischen Finger und Faust hadere, meine Hand jedoch immer öfters zur Faust balle. Ein gefährlicher Balanceakt baut sich hier auf, über welchen in seiltanzend zwischen Einfluss und Macht an den Abgründen hindurchschwanke - nicht nur für den rein künstlerischen Kick. In kürzester Abfolge bewege ich meine Füsse im Takt des Wahnsinns meiner Stimmen, die sich noch immer abwechseln. Sie werden nicht müde dabei, auch die Bühne wird ihre Auftritte noch für eine längere Zeit überstehen können. Es ist kein frühzeitiges Ende in Sicht, sollte ich mir diese zwar inspirierende, aber zeitfressende Misshandlung meiner Ohren bis zum Schluss geben. Eher ausgeschlossen, vermutlich nur noch bis zum Ende der Schlachtung dieses Weissen Ungetüms hier, das ich mit scharfen Worten zerhacke und dabei an ihrem giftigen Blut sauge, als spritze es aus einem Wasserhahn einer High School heraus. Fast schon zeichnet sich hier ein lächerliches Bild heraus, dass man zärtlich lachen möchte in Anbetracht seiner frühkindlichen Fernsehsucht. Internet ist das neue Fernsehen, vergesst das mal nicht, ihr Drecksjunkies. Ich selbst belohne mich schon bald mit dem Rest meiner eigenen kleinen Begierde, die angesprungen bereits auf mich wartet. Sie liegt gerade etwas unbequem auf einer eigens für sie gefertigten Ablage, sobald sie aufgebraucht wurde. Der letzte Schluck Energie wurde gerade konsumiert, um zeitgleich mit dem Missbrauch des restlichen Saustücks eine Batterie nachzulegen. In ihrer Symbiose komme ich erst so richtig in Fahrt. Ich muss nur noch schnell die Autobahneinfahrt finden, damit ich gleich so richtig durchstarten kann. Ich habe es mir verdient, denkt nicht so über mich. Ich verspreche es, schon bald werde ich wieder als Vorbild voranschreiten und ihr werdet nicht mehr die Einzigen sein, meine lieben, leicht zurückgebliebenen Lieben, es werden mir Massen folgen. Ich mache das Beste aus den Voraussetzungen, die ihr mir beschert habt, aus der aber auch die Freiheit eines Kindes der Gehobenen Mittelschicht miteinhergeht, die ich mir gerade gönne. Doch danach greife ich an. Ich wärme mich nur noch schnell auf, erste Trainingspartner kamen mich schon besuchen. Sie strahlten viel Autorität aus und brachten mich gar zum Weinen. Ich sehe das Schild schon, sie kündigt mir die Flucht nach vorn an. Der erste Versuch misslang. Egal. Nun kann ich die Worte auf dem Schild lesen, doch dort steht nichts von einer kommenden Autobahn, sondern seltsame Begriffe, die komische Assoziationen auslösen. Ich muss sie in meinen Notizen verewigen, irgendwas in mir drängt mich dazu. Vielleicht wird sich der Sinn später noch entschlüsseln: Attentat & Suizid - Rap oder Club 27 - Bitch - Ich bin nicht friedlich...

- RvH - 11.05.2020 - 19:48 - 0169 -