Der Geliebte der Kunst


Von hoch oben bin ich gefallen in die tiefsten Abgründe meiner Seele. Hier drehte ich mich im Kreise, um den Teufel stets zu sehen. Selten nur erblickte ich ihn tatsächlich, meist reihten sich jedoch seine Reflektionen aneinander im Sinne ihrer Verwirrungstaktik, die mich in die Ohnmacht treiben sollte. Kurz vor Koma wurde mir bewusst, was gerade geschieht, und ich fiel auf dem Boden auf. Der Rote Schmerz rann mir über mein Gesicht, auch wurde er noch mit reichlich Salz angereichert. Nicht aus Liebe dem Leben gegenüber, wie es sich später noch herausstellen sollte, es war der erste missratene Suizidversuch. Gerade mal über ein einzelnes Jahr geschafft, wurde ich des blossen Existierens überdrüssig. Zwar wuchsen in meinem Inneren fantastische Welten heran, doch war ich noch zu schwach, diese tatsächlich zu erbauen. Viel zu viele Jahre lagen noch vor mir, als dass ich sie überhaupt schon hätte zählen können und dies Bewusstsein war zu schwer für meinen frühkindlichen Geist. Er konnte es einfach noch nicht fassen, obwohl er sich doch für ein Genie hielt, der Mittelpunkt allen Seins und doch nur der üblichen Egozentrik seines Alters verfallen. So liess mich meine Unzulänglichkeit fallen und fing mich ungeschickt gleich wieder auf, um mich ein zweites Mal fallen zu lassen, diesmal jedoch ohne den gewünschten Effekt zu erzeugen. Den Tod. Was seitdem geschah, ist das Grauen, zwischen den Farbtönen gefangen, unauffällig und langweilig. Willkommen in meinem tristen Leben. Es hat sich nicht viel getan. Mittlerweile wirke ich ein wenig gefährlicher gen Aussen, nicht nur wegen meines ausgewachsenen Geschlechts, auch wegen meiner Schriften. Und dies entzückt mich ungemein, eine kleine Bestätigung für zwischendurch, um dann wieder am Anfang zu sein. Der Ort, an dem mich seine Herrlichkeit umringte und erschreckte. Illusionen sind die meisten Abbildungen seines Ziegenkopfes, doch der Ursprung der Spiegelungen ist echt. Irgendwo hier spukt ein Gespenst herum und vergiftet stetig das Loch, das es einst in den Boden riss, auf dass die Heilung nie vollendet wird. Immerhin gab es mir eine Beschäftigung, dies Loch stetig zu füllen, damit es nicht alles um sich herum aufsaugt. Dieser Prozess baute sich weiter auf, bis ich eines Abends eine Welt in dessen tiefsten Inneren entdeckte, die ich nicht nur betreten und entdecken konnte, sondern gar meine eigene kleine Welt in sie hineinfliessen lassen. Die Grundbausteine waren längst klar und ich begann schon bald, aus diesen erste Prototypen meiner persönlichen besitzergreifenden Geliebten zu basteln. Ich wurde ein Künstler und damit wurde auch das Unverständnis des Abschaums mir gegenüber erträglich. Ich war zu komplex für sie, zu exzentrisch und temperamentvoll für den Konditionierten Menschen. Mein genialer Geist hat sie gefickt. Abermals wurde ich von meiner Unzulänglichkeit besucht, denn eigentlich sollte die Weiterführung meines Jähzorns und dessen Geschrei der erste Grundbaustein meiner Kunst sein, doch auch dieser wurde niedergebrüllt, verspottet. Noch tiefer konnte ein Schlag nicht treffen, denn immerhin war nun meine Kunstpersona unwiderruflich einverleibt und gar die tonangebende Persönlichkeit in mir drin und eine noch viel empfindlichere Seele als meine bisherigen. Auch viele andere Eigenschaften meines Charakters trieb sie an die Spitze, verzerrte sie bis in die Unkenntlichkeit und liess sie auf dem Boden aufplatzen, auf dass sie jemanden treffen und die Zeugen traumatisieren. Auch an mir hinterliess sie ihre Spuren, zwar vergrösserte sie mein Ego auf dessen Maximum, doch zeigte sie ihm auch gleichzeitig dessen Verzerrungen auf, woraufhin es in sich zusammenfiel und langsam wieder aufblähte. Je zufriedener meine Geliebte mit meinen Leistungen wurde, desto mehr wollte das Ego aus sich herausholen, aus uns allen herausholen, die wir gemeinsam in diesen Körper wohnen. Die Schaltzentrale der Macht wird von einem neuen Anwärter bedroht, der sie komplett für sich einnehmen möchte. Zwar zeigt er keine diktatorischen Ambitionen gen Aussen, doch sie sind da. Er zerstörte schon viele andere grössenwahnsinnige Persönlichkeiten, auf die er es abgesehen hat. Wir sind nicht seine ersten Opfer und erfolgreich ist er ebengerade wegen unseres Grössenwahns, der uns auszeichnet und am liebsten mit einem lauten Knall endet. Und schon wurde es still um den Kritiker, er wurde als Verschwörungstheoretiker entlarvt und die Lügenpresse liess ihn verstummen. Satan lachte leise in sich hinein nur schon bei der Planung dieser seiner Verwirrungstaktik vor mehr als 2000 Jahren, als er die grossartige Idee hatte, sich an der Menschheit für seine missratene Gestalt zu rächen. Auch er ist mittlerweile etwas senil geworden, doch das liegt nur an all den Drogen, die er konsumiert. Ende. 

- RvH - 13.05.2020 - 20:36 - 0171 -