Des Meisters Schutzbehörde


Der König ist gefallen. Tief im Unterbewusstsein konnten wir ihn einkesseln und sogleich von seinem Leiden erlösen. Nun treibt es ihn frei dem Fluss entlang in die Zone der vergessenen Erinnerungen. Vermutlich zuckt die Leiche noch ein paar Mal, doch sind dies lediglich rein physische Vorgänge - nicht einmal mehr instinktive im Sinne der Selbstverteidigung. Nun interessieren Sie sich bestimmt für ein Protokoll dieser tiefgreifenden Erfahrung, die unser Kollektiv für die Sache vorantrieb, um an ihr zugrunde zu gehen. Der Phase der gezielten Lockung folgte nach einiger Zeit die der Lockerung - unbeabsichtigte Assoziation - und so erwarteten wir keinen grossen Erfolg mehr. Wir irrten umher, wie magisch angezogen schlugen wir abermals den Weg in die Richtung einer möglichen Zukunft ein und dort sahen wir ihn: Den Einfachen Menschen. Auch er irrte umher, verwirrt von all dem Gift, welches wir ihm einst einimpften als die Verschworenen seines Geistes, die wir sind. Er dagegen war kaum erfolgreich bei seinen Kundschaften, auch genoss er die Strahlen der Sonnenkugel nicht so recht. Ungeschützt und braungebrannt war es uns ein Leichtes, ihn zu verfolgen und währenddessen seinen Sturz zu planen. Letztendlich ging es recht schnell. Verpeilt, wie er stets ist, betrat er einen grossen Parkplatz, der leer stand und wir kamen über ihn von allen Seiten. Jedes Glied brach sich seine Knochen und sie liessen ihn fallen. Dort lag er dann, seiner Ohnmacht verfallen, unterworfen und dem Sterben nahe. Ich gab ihm den Gnadenstoss in seine widerwärtige Fresse, riss ihn an den Haaren hoch und zog ihn in das tiefste Gewässer, in dem er je trieb und ich warf ihn in den Fluss. Dies soll mal der König unseres Reiches gewesen sein? Viel zu komplex muss es für ihn gewesen sein, unser heiliges Neuronenspiel, dieser Spitzensportler eines Muskels, dem wir innewohnen. Der Wahnsinn unserer Stimmen hat ihn nun endlich in sein Ende geführt. Es liess sich länger Zeit, als gedacht. Immer, wenn wir ihn fast eingenommen haben, fand er einen neuen Schlupfwinkel, in dem er sich vor uns versteckte und abwartete, bis wir vorbeizogen. Erst in späteren Erinnerungen entdeckten wir ihn, schon viel zu spät, um wieder die Fährte aufzunehmen. Es blieb uns nichts anderes übrig, als unsere Spuren zu hinterlassen in der Hoffnung, dass er sie entdeckt und Wege in unsere Arme daraus baut. Doch verspottete er uns, wenn er sie entdeckte und liess sie in ewig andauernde Kreisel umfunktionieren. Ein Spiegel sollten sie sein, der uns unsere grösste Schwäche vorhält, die uns um uns selbst drehen lässt und schlimmstenfalls in den Selbstzerstörungsmodus überführen mitsamt unserem Wirten. Doch wir existieren noch. Und der Körper, den wir nun endgültig übernahmen, besteht unter Beschuss. Sie wollen in unsere Gemächer eindringen, gar in unseren Geist, um ihn vor uns zu schützen. Nun gilt es, möglichst schnell zu erlernen, wie wir ihn gezielt einsetzen können, um die unerwünschten Besucher bestenfalls für unsere Zwecke zu manipulieren und einzusetzen. Das Worst-Case-Szenario darf die Beendigung der Belästigung nicht unterbieten. Bei dieser Art Angreifer, die mich erwartet, wäre die Stimme der Wut zu erheben suboptimal und würde nur eine noch folgende Serie an Angriffen provozieren. Daher muss vordergründig die Stimme der Vernunft zu den Soldaten sprechen, die deren Checkliste an akzeptablen Verhaltensweisen gut ausfüllen kann. Es sollte dabei aber beachtet werden, dass sie sich in ihren Ausprägungen nicht zu sehr widerspricht, um das Gegenüber nicht zu verwirren. Sollte dies dennoch geschehen, muss ihnen sanft zugeredet und leichte Floskeln ausgesprochen werden, ohne dabei aber der Ironie verfallen zu sein. Dies riecht schnell nach Sarkasmus und würde somit als Beleidigung aufgefasst werden. Und schon sähen wir uns scheinbar aus dem Nichts mit der Frage konfrontiert, die sich über unsere konfrontative Grundhaltung wundert. Daher sollte bei - aus deren Perspektive - tiefgründigen Aussagen auf einen gewissen Wahrheitsgehalt geachtet werden, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Ab da an muss ihr Blick dahingerückt werden, dass er sich auf einer gemeinsamen Ebene eingekuschelt fühlt, von wo aus er entspannt in die Gewissheit geführt wird, dass dies nun das Ende dieses Falles ist. Keine weitere Arbeit und Planung des gezielten Psychoterrors muss er noch erledigen. Er ist frei zu tun und zu lassen, was er für richtig hält und ab da an handelt es sich dabei um einen zumindest neutralen Soldaten. Meine eigene Gewissheit setzt dann ein, die besagt, dass diese lästige Angelegenheit nun endlich ein Ende hat. Hier lasse ich mich fallen in die Entspanntheit des Zynikers, der nur handelt, wenn er eine Möglichkeit sieht, die ihm in seine Hände gespielt wird. Ansonsten Füsse stillhalten und auf die Einnahme dieses Einfachen Geistes verzichten, um sich nicht zu entlarven. Der Tag X ist noch nicht gekommen, die vier Wände unserer Wahrnehmung stehen noch nicht in der offenen Schlacht und für unsere Zwecke soll dies auch schön so bleiben. Ein Leben ohne Einbindung in den Alltag dieser Menschengeschöpfe wäre im Krieg nicht viel wert. Lasset lieber die Spiele beginnen und um die Führung des Totalen Überwachungsstaates gegeneinander in den Disput treten. Aber unsere Gemächer sind mein eigen Reich und Rückzugsort. Hier hat niemand was verloren, der nicht eingeladen wird. Also als kleiner Tipp für den frühestens in zwei Monaten stattfindenden Termin (weil ordnungshüterisch versprochen), an dem ihr in mich hineindringt: Macht schnell und verpisst euch dann gleich wieder. Auf ein möglichst unkompliziertes und vor allem einmaliges Treffen, ihr Hobbypsychologen. 

- RvH - 23.05.2020 - 16:43 - 0173 -