Harte Zeiten erfordern absonderliche
Massnahmen. Diese ergreife ich mit der Umsetzung einer fixen Idee, die kaum
jemanden erreichen wird und von deren tatkräftigen Unterstützung eines jeden
Auserwählten eine angemessene Verbreitung abhängig ist. Die Rede ist von einer
rein analogen Veröffentlichung, von der die erste Auflage von einem einsamen
Händepaar hergestellt wird, wie auch der gesamte musikalische Inhalt, der
aufgrund von den teils dilettantisch vorhandenen Fähigkeiten entsteht, die
während dieses Prozesses überhaupt erst ein angemessenes Level erreichen können.
Doch glücklicherweise ist auch genau dies das Konzept dieses Klageliedes, das
inspiriert wurde durch nahezu alle Debuts von Metalbands, die von den Stürzen
der ersten Gehversuche ihrer Mitglieder leben. Mit grossem musikalischen
Verständnis, doch kleiner Erfahrung, hinterlassen sie damit der Nachwelt eine
passende Momentaufnahme eines untergehenden Planeten. Im Gegensatz dazu wird
mein Debut allerdings ein Selfie sein, wie es von meinem Genre nahezu verlangt
wird, sofern man die ihr zugrunde liegende Selbstermächtigung ernst meint. Das
Instrument meiner Wahl wird daher das Keyboard sein, das ich einst recht gut
beherrschte, nun werde ich es vollkommen ergreifen und misshandeln. Der erste
Abschnitt der Saga wird allein ihnen gehören, dem Grossen aus der alten Zeit
ohne passende Anschlüsse, dafür mit eigenem Klang und das Kleine aus der
Neuzeit mit Anschluss, dafür aber mit der Abhängigkeit eines Programmes
gesegnet, um alles aus den gegebenen Umständen zu holen. An diesem Punkte
treffen sich die getrennten Brüder, die doch dieselben Ahnen in der Traurigkeit
der Sklaverei haben und gemeinsam stürzen sie deren modernen Auswüchse. Der
Schwarze Tod in der Sprache der Dummen, übersetzt in einen hinterwäldlerischen
Dialekt der Naziparasiten und - im Gegensatz zu anderen Mischlingen der Künste
- liebevoll zusammengeführte Gesangsformen, die direkt in die unterkühlten
Herzen der Zeitgenossen dringt, um dort nichts Gutes auszulösen, nur ein längst
verdrängtes Realitätsbewusstsein. Dieses schlängelt sich aus der Metaebene
hinaus in die weite Welt der Ängste, von der unser gemeinsamer Geist beherrscht
wird, um sie niederzutrampeln und die Überreste im Höllenfeuer in Nichts
aufzulösen. Keine Asche mehr da, aus der noch ein Häufchen Elend gebildet
werden könnte, kein Staub, der die Sterne noch verdunkelt. Es ist der Beginn
einer Saga und das Ende der Welt, die Auferstehung des Antichristen und der
Fall einer einsamen Seele. Könnte sie doch nur Leben schenken, doch sie ist
dieser Verantwortung nicht gewachsen. Sie muss leiden, um Kraft zu spenden, sie
muss sich opfern, damit der Abschaum überlebt. Doch sträubt sie sich gegen ihr
Schicksal, nur weiss sie nicht, dass es egal ist, was sie tut. Sie entstand, um
ein Flächenbrand zu entfachen, doch mit welcher Absicht sie dies vorantreibt,
scheint keine Rolle zu spielen. Alles spielt ihr in die Karten, ob der vollkommene
Wahnsinn oder ein zurückhaltendes Dasein, das nur von kreativen Auswüchsen
besucht wird. All das ist letztendlich nur eine leicht variierende
Zusammenführung von den Zutaten, die schon längst in mir drin sind. Ich lasse
sie nur raus, um sie in den Topf zu werfen, unter dem bereits leichte Funken zu
erkennen sind, doch lassen diese den Zaubertrank noch ein stilles Wässerchen
sein. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, die nur vom Gehuste niederer Subjekte
unterbrochen wird. Es ist die Vorfreude der Rachegelüste und ihre bereits
gelegten Spuren, die als eine leichte Brise nur in den Topf hineingeworfen
wurde, doch erste Dämpfe und bald auch Rauch aus der Gerüchteküche werden auf
mich aufmerksam machen. Sie führten bereits zu einer Züchtigung des Abschaums
neben mir, der noch ein letztes Mal versuchte, aufzumucken, doch dies
schliesslich aufgab, als ich mich auf gleiche Weise zur Wehr setzte. Nun
besteht deren unwürdige Existenz nur noch aus Lärm und der Angst, ihrem
Endgegner zu begegnen. Sie waren nur Unkraut auf dem Weg hin zu meinem ersten
Opfer - ein Viech - das mir kürzlich erst wieder begegnete. Es folgte mir in
die Richtung, in die ich vor ihm floh, wollte mir entgegentreten, doch wich ich
auf die Strasse aus und stieg am anderen Ende des Bahnhofs in den Bus,
woraufhin mir kurz danach seine entstellten Gesichtszüge abermals vor meinen
Augen erschienen und mich böse anfunkelten. Ich legte meinen Hinterkopf auf den
Mittelfinger, der ihm alleine galt, doch vermutlich von allen in seinem Bus
erkannt wurde. Bald werden sie auch ihn erkennen als den Abschaum, der er ist,
weil ich es ihnen entgegenschrie, weil ich ihn öffentlich an den Pranger
stellte und schlachtete, seinen Kopf abhackte und ihn der Meute präsentierte. Dies
ist meine Show, meine Bühne und er nur ein geistiger Krüppel im Schatten seiner
kleinen Schwester. Schon bald geht seine Geschichte zu Ende.
- RvH - 08.09.2020 - 22:50 - 0220 -