Deutschrap ist eine Hure. Voller Abscheu
verfolge ich seit Jahrzehnten schon diese Schande von einer Kultur, die kaum
was Eigenes zu schaffen vermag. Als dies noch eine kleine Szene zwischen
Frühphase und der endgültigen Etablierung war, da konnte man sich durch die
wenigen Exponate noch einbilden, dass eine Kombination aus Alleinstellungsmerkmalen
vonnöten ist, um überhaupt auf ein vernünftiges Echo zu stossen. Was vielleicht
zu der Zeit noch nicht offensichtlich war, ist, dass die grossen Namen sich nur
dadurch vom Rest unterschieden, dass sie die jeweilige Art von Song, für den
sie standen, lediglich hochwertiger präsentierten als die anderen Amateure in
ihrem Subgenre. Es gab den Battlerapper, den harten Battlerapper, zwei Handvoll
Studentenrapper und einen ersten Streetrapper. Das war lange die glänzende
Oberfläche einer ganzen Szene. Die genannten Subgenres spalteten sich die
folgenden Jahre immer weiter auf und erschufen den einen oder anderen nächsten
Character, der für die grosse Bühne geschaffen wurde. Teilweise verfeinerten
diese zwar deren Ausprägungen etwas weiter als die Vorherigen, doch drehten sie
sich schon nach wenigen Alben ebenfalls im Kreis und bedienten von da an entweder
ihre Zielgruppe oder schafften den Sprung in den Popmainstream. In dieser Phase
machte gerade die Strasse ordentlich Welle und riss den Arsch der Gesellschaft
auf, um ihn zu zerficken. Gleichzeitig schufen sie ein grösseres Bewusstsein
über die Zustände dieses historisch schwer vorbelasteten Landes. Soweit so gut,
könnte man meinen, wenn dies nicht zu der ersten Hype-Überschwemmung geführt
hätte, die heutzutage Standard ist. Zwar konnte neben dem Brachland der Strasse
unbemerkt frischer Wind vorbeiziehen, der viel später in Teilen gar hochhinausflog,
doch auch dieser hat sich trotz längerem Hebel in der Maschinerie verfangen und
wurde langweilig. In der Gegenwart blicken wir nun auf eine Masse von mässigen
Rappern hinab, die musikalisch zum grössten Teil aus den aktuellen Trends
besteht, während die Texte schwanken zwischen harten und harmlosen
Belanglosigkeiten, was erbärmlich ist, wenn man bedenkt, dass selbst die
Pioniere, die ohne sprachliche Basis begannen, virtuoser an die Sache
herangingen trotz holpriger Vortragsweise. Es hat sich also alles
professionalisiert, was so viel bedeutet wie industrialisiert und diese Huren
werden nicht einmal dazu gezwungen. Ihnen stehen alle Wege offen, sich erst
einmal vernünftig zu etablieren, bevor sie mit Unternehmen zusammenarbeiten. Aber
sie bieten sich freiwillig an und als hätten sie nichts von den Vorgängergenerationen
gelernt, streben sie lieber nach diesem ominösen Business, statt der Grossen
Kunst nachzueifern, die allerdings eine längere Vorlaufzeit benötigt. Alles nachzuvollziehen
im Internet, doch sie legen keine Geduld an den Tag, weil sie sich mit ihrer
Standardscheisse für auserwählt halten, also wollen sie gefälligst sofort die
gesamte Aufmerksamkeit auf sich gerichtet haben. Also sind sie noch immer abhängig
von Labels, einem stabilen Umfeld bestehend aus einer Crew, einem Manager und
anderen, noch viel düstereren Gefilden, die derzeit juristisch genauer
beleuchtet werden. Und die Deutschrap-Presse - ebenfalls eine Hure - schaut
diesem Spektakel fasziniert zu und vergisst in all diesen erträglichen Aufrufen,
vernünftigen Musikjournalismus zu fabrizieren. So gehen die meisten der grossartigen
Künstler im Underground verloren und können sich mit etwas Glück und
jahrelanger Arbeit etwas oberhalb davon einnisten, sofern sie sich auch ohne
grossartige Hilfe halbwegs exponieren können. Diese Fähigkeit gehört nicht
zwingend zum Gesamtpacket eines würdigen Contents, den man trotz mangelnder
Relevanz nutzen könnte, wenn man sich über die positiven Auswirkungen solcher
Gaben bewusst wäre als Hustler & Businessman. Sind sich die meisten
anscheinend nicht und käuen daher lediglich wieder, was sie alle wieder und
wiederkäuen, bis sie kotzen und daran sterben müssen wie Kühe. Sie können nicht
anders, da sie lediglich ein verzerrtes Spiegelbild der Gesellschaft sind,
statt als Vorbild voranzuschreiten gegen die Braune Gefahr, von der sie
vielleicht irgendwann einverleibt werden, sobald die Zeiten härter sind. Wir
von Rap oder Club 27 verfolgen weiterhin gespannt die Geschehnisse im
Deutschrap und informieren Sie über unsere neuesten Erkenntnisse dieses
absteigenden Astes einer selbsternannten Kultur.
- RvH - 30.09.2020 - 17:11 - 0241 -