Ich will keiner dieser frustrierten
Underground-Typen werden. Meine Veranlagung neigt dazu, weswegen es auch
unbedingt erforderlich ist, dieser Gefahr geschickt auszuweichen, mit Würde
auszuweichen. Auch in diesen Spielen der Aufmerksamkeitsökonomie kann ich mit
einer ausbaufähigen Veranlagung aufwarten. Meine Kindheit führte mir diese Tatsache
penetrant vor Augen und liess mich in das Chaos der Öffentlichen Meinung
fallen. Dort fiel ich schon früh mit Kleinigkeiten auf, mit einer kleinen
Behinderung des Gehörs, die schon bald auskuriert wurde und mich nur leicht
zurückbleiben liess. Dieser Umstand fiel im Grossen Bilde meines Geistes kaum
ins Gewicht, hinterliess mir aber eine bleibende Behinderung im Bereich der
Sozialkompetenz. Dies irritierte die Gesellschaft um mich herum schon früh -
zusätzlich zum zweifelhaften Ruf meiner Hood des Sprachheilkindergartens - und so
begann in der Schule offiziell das harte Leben eines Underdogs. Zwischen einem
halbwegs stabilen Freundeskreis und dem Mittelpunkt der Unterhaltung bei
Schulplatzevents pendelte ich mich ein und fristete ein ansonsten unauffälliges
Dasein. Der Kampf hat begonnen, doch waren meine Gegner bislang hauptsächlich
degenerierte Kinder gewesen, denen ich lediglich körperlich nicht gewachsen war.
Ich verstand durchaus schon sehr früh, wie mein Jähzorn funktionierte und dank
den Auswüchsen bei den Spielen musste ich auch aktiv dagegen ankämpfen, weil
die Probleme auf allen Ebenen ansonsten zu gross geworden wären, um sie noch
tragen zu können. Sie drückten mich auch so schon genug in den Abgrund
hinunter, als dass ich diesen Anblick jemals wieder vergessen könnte und allein
die Erinnerung daran riss mich fast in den Suizid mit dem Beginn der frühen Jugend.
Komplexere Zusammenhänge entfalteten sich auf der Grundlage negativ geprägter
Kindheitserinnerungen und verursachten einen Sturm, der mich in manchen Momenten
zwar in ungeahnte Höhen steigen lässt, doch auch sogleich verschwinden kann,
wenn einer der zahlreichen Triggerpunkte nur den Hauch eines Lüftchens
abbekommt. Und dann könnte ich ausrasten. Meist hielt ich diesen Drang zurück,
was nie auch nur erahnt wurde, doch den Ausbruch aus der labilen Ruhe in mir
drin wurde immer gehört. Nicht nur von den Beteiligten, die es dann in ihren
jeweiligen, antiken Sozialen Netzwerken herumerzählten, ob aus Spass oder aus
dem Ernst der Lage eines verantwortungsbewussten Erwachsenen, der zwar dies
zumindest richtig einschätzte, aber selten adäquat reagierte, sondern exakt
genau so wie ich dummes kleines Kind. Der nächste Jugendabschnitt wurde wenigstens
anders in seinen Handlungssträngen, doch die ihr zugrundeliegenden Muster
blieben dieselben und ich in der gleichen Rolle gefangen, die mein Leben lang
auf mir haftet. Noch immer nicht ist mir der Ausbruch gelungen, aber er wurde
schon vorbereitet. Der Plan ist perfekt, denn er hangelt sich mein Schaffen
entlang in die jeweiligen Spitzen, die er nicht aus Kalkül hinterliess, sondern
aus Prägungsgründen. Und diese werden schamlos ausgenutzt. Die Anfangsphase
findet bereits seit einem Jahr statt und verbuchte auch schon einen Erfolg.
Eine kleine Bestätigung, dass diese Fantasien nicht nur Ausgeburten meines
Grössenwahns sind, sondern der Start einer Show, die meinen Künstlernamen tragen
darf. Kommt bereits jetzt vorbei, denn vielleicht schon im letzten Sommermonat
erhält dieser Stummfilm des Genres Horror/Drama eine erste Tonspur, damit der
langsame Ausbau der Ebenen des Mediums beginnen kann. Hochspannende Tröpfchen,
die von einer schwer zugänglichen Dickflüssigkeit umgeben sind, fallen schon viel
zu lange ohne einen Klangteppich auf den harten Boden der Realität, wo sie zu
schnell wieder aus dem Bewusstsein des Beschossenen verschwinden. Der Teppich
ist auffälliger, hat manch eine Stelle, deren Schlagkraft von der ersten
Sekunde an einschlägt wie ein radiountauglicher Hit. Diese Form eines Werkes
kann auf so vielseitige Weise ausgereizt werden, dass irgendwelchen Gatekeepern
nicht nur problemlos ausgewichen werden kann, sondern sie gleichzeitig gar dazu
zwingt, ein Auge auf diesen düsteren Meister zu werfen und früher oder später
nicht nur zu würdigen, sondern zahlreiche Forderungen miteinzubeziehen, die er
an deren Programm hat. Grosse Worte, die Androhungen sein wollen, die
erbärmlich sein werden, wenn ihnen keine Taten folgen, die aber meine
Genialität vorwegnahm und bewies, wenn es geschah, wie geplant. So schrieb er -
RvH - und so verblieb er. Bis bald.
- RvH - 28.07.2020 - 18:17 - 0207 -