Er ist gegen mich, gegen sie alle, die
ihm verfallen sind und nicht mehr ohne können. Unser aller Leben ist so grau,
dass man leicht dem Glauben verfallen kann, nur noch durch den Rauch des Todes
Farben sehen zu können. Von diesen Illusionen möchte dieses Weisse Ungetüm
erzählen und dabei versuchen, eine halbwegs differenzierte Sicht auf dies
wundervolle Kraut zu werfen, was wir alle doch zurecht so sehr lieben. Die optimale
Dosis pendelt sich irgendwo zwischen zwei Handvoll Tagen ein und gelegentliche
Ausreisser sind zu verzeihen, sofern die Wirkung dadurch nicht eingeschränkt
wird. Denn diese ist es, was es von all den anderen Drogen unterscheidet, da
sie nicht tödlich sein kann und lediglich die Führung von Maschinen einschränkt.
Auf diese kann man während den Flügen des Grauens sowieso verzichten und nach
über 200 Umdrehungen des eigenen Geistes landet man wieder sanft auf den Wiesen
unseres Paradieses. Und trotz all dieser Vorteile kann man hinunterstürzen und
auf dem harten Beton der Obdachlosigkeit fallen - zumindest in diesen kapitalistischen
Zeiten. Chillt mal, ihr Leistungsjunkies, und lasst uns in Ruh kiffen. Wären
diese verkrampften Alkis und Koksnasen nicht so abgehoben in ihren
Machtansprüchen, würden einerseits nicht so viel gekifft werden müssen, und
andererseits, käme die Sucht dennoch auf Besuch, wäre ebendiese nur halb so
wild. Mit Apathie und nur die allernötigste Nahrung zu sich nehmen wäre diese
Pause von der Realität sogar erholsam, würde sie nicht ständig unterbrochen
werden von Androhungen des Existenzklaus und anderen Unannehmlichkeiten. Natürlich
will dies Ungetüm mit solchen Argumenten andere Risiken nicht kleinreden, denn ständiges
Rauchen fickt die Lunge eines jeden Meisters, auch wenn er dagegen ankämpft.
Andere Konsumformen sind in ihren Angriffen auf den Körper deutlich harmloser,
aber die Dosierung ist dafür schwieriger. Lieber nimmt der heutige Kiffer zusätzlich
zu den gestiegenen THC-Werten zu viel als zu wenig und greift bei Ungeduld
schnell zu der zweiten und dritten Dosis. Einst irrte ich vermutlich
stundenlang den Fussweg von zwei recht weit entfernten Ortschaften entlang,
wobei ich fast manisch gelegentliche Schlenker unternahm, um ja nicht zu früh
zu Hause anzukommen. Als ich in der mir bekannten Gegend ankam, die trotzdem
noch gut drei Dörfer von diesem sagenumwobenen DeaLSDorf entfernt lag,
wechselte ich mehrere Male die Laufrichtung, weil ich dachte, ich liefe wieder zurück.
Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt schon ewig unterwegs sein musste, war ich
dennoch so verwirrt, bei dieser Hauptstrasse nicht mehr einschätzen zu können,
wohin welches Ende führt. Unzählige Autofahrten brachte ich auf dieser Strasse
bereits hinter mich, weswegen ich nicht behaupten kann, die Richtungen nicht zu
kennen. Und dennoch lief ich mehrmals in diesem Baum mit sauren Äpfeln vorbei,
bis ich mir sicher war, wohin ich gehen muss. Zu dieser Quasiüberdosis brachte
mich die Möglichkeiten einer Goa, die nebst Getränken des Giftes auch Brownies
anbot. Für sehr wenig Geld. Und sie gaben mir soviel davon, wie ich wollte,
weil ich es mir leisten konnte. Und nicht einschätzen konnte, ob ich doch schon
zu viel gefressen hätte. Bis ich es einschätzen konnte. Und dann ging die Reise
los. Eine weitere Geschichte solcher Überdosen, die ich mir aufzwang, entstand
allein im sturmfreien Einfamilienhaus durch einen diesmal selbstgebackenen
Kuchen, den ich fast komplett gefressen habe. Die einzigen Erinnerungen daran sind,
wie ich irgendwo zwischen den Empfindungen des Körpers und den Gefühlen des Geistes
unangenehm hängen geblieben bin und dabei draussen auf einem Liegestuhl lag und
Musik hörte. Der nächste Tag fühlte sich nicht so an, als wäre er das Übermorgen
des Vorgesterns, als hätte der gestrige Tag gefühlt nicht stattgefunden.
Ekliges Gefühl. Fast noch ekliger ist es allerdings, wenn man jeden Tag mehrere
Joints braucht, um nicht durchzudrehen. Wenn man so viel kiffen kann, wie man
will und doch immer nur leicht high ist, eher sogar down und im Arsch. Also
lieber Kinder, kifft nicht so viel und am besten wartet ihr noch, bis ihr
erwachsen seid, denn euer jugendliches Gefühlschaos bietet euch fast noch
gratis Stimmungshochs, die ihr nicht aktiv zu stimulieren braucht. Sonst endet
ihr wie ich und habt bestenfalls pünktlich zur Volljährigkeit euren ersten
Entzug hinter euch, um 10 Jahre danach immer noch nicht davon losgekommen zu
sein.
- RvH - 31.07.2020 - 16:54 - 0215 -