Er hat mich nun endgültig eingenommen,
der Lärm der Welt. Die Kunstform, die ihre Wut direkt in die Fresse der
Gesellschaft schreit, um ihr ihre Schattenseiten aufzuzeigen. Die letzten 10
Jahre hatte ich trotz mehrmaligen Eintauchen in diese düstere Kunstwelt noch
Berührungsängste, mich komplett darin zu verlieren. Ich hatte Angst, diese Welt
und dessen Klänge würden mich zu hart ficken. Ich war mir bisher nur stumpfe
Androhungen solcher Taten gewohnt, und deren Klänge waren um einiges sanfter
und die Worte verständlicher vorgetragen. Der Meister in mir musste erst das
Kernstück seiner Kunst erlernen, die Lyrik, um seiner Kunstfigur das Laufen zu
lehren. Sie ist mittlerweile extrem eloquent, sofern sie vor sich hinschreibt,
gereimt oder nicht. Doch ihre Stimme hat sie noch nicht endgültig erlangt. Diese
braucht die letzte Zutat, um sich genau so frei bewegen zu können wie die
Schreibkunst des Rome van Heer. Diese Zutat liegt in ihrer Vielfältigkeit im
Metal begraben. Deren Sänger sind Teil einer Zunft, die oftmals ihr gesamtes
Stimmvolumen einzusetzen lernen, um deren stilprägendem Instrument gerecht zu
werden. In der Zunft des Hip-Hoppers sind selbst die Besten teilweise noch
etwas zu scheu, ihre selbstgelobte Power komplett in die Stimme zu pushen. Daher
war es unumgänglich für einen Meister, sich nicht nur auf seine bisherige Zunft
zu konzentrieren, nebst dem Fakt, dass dies sowieso Inzest wäre. Trotz ihrer
Vielfältigkeit, die man mit dem richtigen Blick auch sieht und so vieles auf
die Ohren bekommt, nur schon im deutschsprachigen Raum, braucht es doch noch
mehr für das High-End Level. Und nicht weniger ist mein Ziel und meine Aufgabe,
die komplette Welt taub zu schreien. Die einzig wahren Schallwellen des
Teufels, die durch meine Kehle das Ohr der Menschheit penetriert. Eigenlob gilt
als Stilmittel in dieser meiner Zunft und ich bin auch nicht der erste
Teufelsanbeter darin. Uns alle vereint die Liebe für den Klang von Metall.
Wir sind alle gestört, so einen Lärm aushalten zu können. Viel zu laut und
disharmonisch. Kranke Welt, die solch schreckliche Klänge hervorbringt und nur
dieser entstammen sie. Sie schuf den Metal, den Hass, die Wut, den Frust, die
Resignation über all das Leiden, das uns nur traurig machen würde. Doch so viel
Trauer würde uns depressiv machen und in den Suizid treiben. Wir brauchen ein
Ventil, um nicht so krank zu werden wie alle um uns herum, die sich über das
Geschrei aus unseren Kopfhörern beschweren. Um genau solche Leute nicht
tot zu prügeln, brauche ich diese Musik, auch wenn sie mich manchmal dazu anstachelt.
In solchen Momenten würde ich am liebsten solange herumpiksen, bis ich ein
menschliches Wespennest treffe, um ihre Energie für einen gezielten Furienschlag
gegen mich zu bündeln und anzugreifen. Dann müsste ich mich verteidigen und
ich wünschte, ich könnte es. Gezielt im Takt eines Deathcoresongs mit einer
Eisenstange ihre Schädel einschlagen. Einen Schmerzensschrei zu meinem eigenen
verursachen, die den Krach tausender Aluplatten übertönen. Nicht einmal tausend
Tonnen Stahl könnten meine Gegner so platt machen. Diese Fantasie darf nicht
Realität werden. Oh, mein grossartiger Metal, erhöre meine Wehklagen über meine
Abgründe und rette mich vor ihnen. Sie dürfen mich nicht aufsaugen, sonst falle
ich in sie hinein und werde selbst zum Wespennest, einer dieser Nervenbündel,
die nichts aushalten. Gib mir die Kraft, diese Hölle zu ertragen und vielleicht
gebe ich auch dir einen weiteren Namen, der aus deiner Szene hinaus diese Welt
beschallt. Sie hat sich schon längst die Basis für die Matrix erschaffen, an
der auch du dich mitsamt deinen Instrumenten angeschlossen hast. Doch du
bliebst echt, deine Wahrnehmung wurde nie verzerrt, auch wenn dir das
Psychologen in ihrer professionellen Distanz attestieren. Du spürst noch immer
all das Leid, das durch dich hindurchfliesst. Ich nehme dein Schaffen in mich
auf und stelle mich allen in den Weg, die dich nicht fühlen, denn die fühlen
nichts mehr. Das sind keine Menschen mehr, das sind Gegner des Gesunden
Menschenverstandes. Die wollten weder dich noch mich, und doch sind wir da. Wir
sind tatsächlich da und füllen diese kalte Welt mit etwas Wärme. Fickt euch
alle.
- RvH - 16.08.2019 - 22:03 - 0038 -