Die Kolonien des Virus Vol.2 über ihre Heimat


Ein Meister erhebt sich. Folgt mir in den Wahnsinn, der nicht nur in meinem Kopf stattfindet. Er passiert jeden Tag in jeder Ortschaft dieses Blauen Planeten. Er wehrt sich bereits gegen den Virus, der ihn befallen hat. Er möchte sich doch nur weiterhin regenerieren können, doch die Möglichkeiten dazu werden ihm Stück für Stück genommen. Was fällt dieser Rasse aus den Reihen der niederen Tiere ein, sich gegen ihn zu wenden, Er, die Mutter allen Lebens auf ihm? Dieser Zwitter von einem Planeten hat all das nicht erschaffen, um sich ficken zu lassen. Das übernimmt er immer noch selbst. Nein, er hat die Tiere erschaffen in der Hoffnung, einestages würden sie reflektieren können, was sie um sich herum wahrnehmen. Denn er möchte all seine Liebe mit anderen teilen und wissen, dass er nicht alleine ist in diesem kühlen und riesigen Raum voller toter Planeten. All die Leichen jagen ihm keine Angst mehr ein, da sie ihm nichts anhaben können. Das fand er gefühlt erst vor Kurzem heraus, als er begann, sich gegen seine Angst vor der Dunkelheit zu stellen und einfach loszufliegen, um diesen Raum zu entdecken. Schon bald sah er am unteren Horizont ein Licht erscheinen, dem er gleich folgte. Es stellte sich als eine brennende Kugel heraus, die ihm die erste Wärme spendete, die er spürte. Sie blieb bis jetzt die Einzige, denn er verweilt seit dieser Zusammenkunft in ihrer Gegenwart und umkreist sie in immer denselben Kreisen, wie das die versammelten Leichen automatisiert ebenfalls tun. Seit er sich in diesem System integriert hat, fanden langsam erste Veränderungen seines Äusseren statt. Dieser Prozess ging immer weiter und unter all dem Grün und Blau entstand schon bald tierisches Leben. Sie nahmen unterschiedlichste Formen an, entwickelten sich weiter und viele verschwanden dann auch wieder. In all diesen Zusammenkünften von Zellen ist ein Virus entstanden, der ein Eigenleben entwickelt hat. Dieses geht nicht immer sanft mit seiner Heimat um, denn ein Virus ist in seiner inneren Logik ein Selbstmordattentäter, der sich und möglichst viel um sich herum zerstören muss. Ein Virus ist der Datenträger einer Krankheit, die den Blauen Planeten bereits befallen hat. Und er scheint tödlich erkrankt zu sein. Kühle Luft würde ihm gut tun, denn der Virus ist ebenfalls abhängig von der Brennenden Kugel. Und würde er diesen Kolonien die Wärme entziehen, würden sie absterben. Doch auch sein gutes Aussehen würde er verlieren und vielleicht würde ihn das System nicht mehr erkennen, wenn er von seiner Kur zurückkäme. Wieder befindet er sich in der Endlosschleife seiner Angst, die ihm seine Bewegungen diktiert. Bis auf die Sonne und die Zwänge ihres Systems hat sich bei ihm nicht viel verändert. Er hängt immer noch faul herum, nur ist er hier ständig in Bewegung. Die Sonne würde immer auf dieselbe Stelle scheinen und sie langsam verbrennen lassen. Doch auch so haben sich schon einige verbrannte Stellen gebildet und manche davon sogar trotz kühler und feuchter Phasen, als hätte die Sonne Bakterien darauf ausgesetzt, die denn Sand zusammenpressen und grosse Blöcke daraus bilden und zusammenführen. So sieht es zumindest aus, wie jemand mit Haarausfall und Brille, wäre dieser Planet ein Mensch. Doch ein Meister ist nicht vom Himmel gefallen, sondern direkt an der Oberfläche seiner Heimat geboren und schaut aus der Nähe auf alles herab. Auch er ist nicht viel weitergekommen. Er verfasst Schriften über die gesamte Existenz, die er in einer abstrakten Form von Block sammelt, auf das sich irgendwann jemand mal erbarmt, durch die Türe zu blicken. Eine traurige Geschichte unter vielen, die Teil einer dieser zahlreichen Kolonien ist, die ihre Welt erobert haben. Sie bewegen sich alle in denselben Kreisen und kommen doch kaum vom Fleck. Auch ein Standortwechsel in eine andere Betonwüste würde diesen Kreislauf nicht durchbrechen. Sie wären nur von leicht anderen Bedingungen betroffen. Der Virus hat sie erschaffen. Er herrscht über alles, was ihr Leben auf diesem Planeten betrifft und bald auch etwas weiter ausserhalb auf diesem grossen Brocken Stein, der ihn an sich selbst von früher erinnert. So sah er damals noch aus, als er quasi in dieses System hineingeboren wurde und im Verlauf des bisherigen Lebens hier hat er sehr viel Farbe angenommen. Dieser andere hat seine Blüte bereits hinter sich und ist offensichtlich daran zugrunde gegangen. So könnte er auch enden, ob er hier bleibt oder nach draussen in diesen beschissenen Raum geht, wo er sich befindet und seine gesamte bisherige Existenz beinhaltet. Und irgendwann wird er wieder zurück gesogen und kann nicht mehr darüber bestimmen, wo es ihn hin verschlägt, egal wie er sich jetzt entscheidet. Und so sendet er erste Signale nach draussen aus, doch kommt nicht weiter als dieser tote Brocken von einer Kugel. Vielleicht gibt es ja noch anderes Leben da draussen, doch wie soll er dieses finden unter all diesen Leichen, die ihn überall umgeben? Vielleicht würde er ersticken, noch bevor er etwas findet, dass seine Existenz mit Sinn füllen könnte. Doch eigentlich passiert das schon ständig und zwar durch die Welten des Virus, die er erschaffen hat. Er sieht, wie sie wachsen und vielfältiger werden. Nur können sie ihn noch nicht hören. Da draussen könnte er wahrgenommen werden und vielleicht sogar verstanden, hier drin bliebe alles nur für sich. Und abermals schreit er nach draussen und hofft, dass ihn jemand hört. Wieder nur dieser tote Planet neben ihm. Also gibt er es abermals auf, ein Klangbild zu schaffen und auch ein Meister setzt sich wieder hin. 

- RvH - 11.08.2019 - 20:28 - 0034 -