Ein Meister erhebt sich. Folgt mir in
den Wahnsinn, der nicht nur in meinem Kopf stattfindet. Er passiert jeden Tag
in jeder Ortschaft dieses Blauen Planeten. Er wehrt sich bereits gegen den Virus,
der ihn befallen hat. Er möchte sich doch nur weiterhin regenerieren können,
doch die Möglichkeiten dazu werden ihm Stück für Stück genommen. Was fällt
dieser Rasse aus den Reihen der niederen Tiere ein, sich gegen ihn zu wenden, Er,
die Mutter allen Lebens auf ihm? Dieser Zwitter von einem Planeten hat all das
nicht erschaffen, um sich ficken zu lassen. Das übernimmt er immer noch selbst.
Nein, er hat die Tiere erschaffen in der Hoffnung, einestages würden sie
reflektieren können, was sie um sich herum wahrnehmen. Denn er möchte all seine
Liebe mit anderen teilen und wissen, dass er nicht alleine ist in diesem kühlen
und riesigen Raum voller toter Planeten. All die Leichen jagen ihm keine Angst
mehr ein, da sie ihm nichts anhaben können. Das fand er gefühlt erst vor Kurzem
heraus, als er begann, sich gegen seine Angst vor der Dunkelheit zu stellen und
einfach loszufliegen, um diesen Raum zu entdecken. Schon bald sah er am unteren
Horizont ein Licht erscheinen, dem er gleich folgte. Es stellte sich als eine brennende
Kugel heraus, die ihm die erste Wärme spendete, die er spürte. Sie blieb
bis jetzt die Einzige, denn er verweilt seit dieser Zusammenkunft in ihrer
Gegenwart und umkreist sie in immer denselben Kreisen, wie das die
versammelten Leichen automatisiert ebenfalls tun. Seit er sich in diesem
System integriert hat, fanden langsam erste Veränderungen seines Äusseren
statt. Dieser Prozess ging immer weiter und unter all dem Grün und Blau
entstand schon bald tierisches Leben. Sie nahmen unterschiedlichste Formen an,
entwickelten sich weiter und viele verschwanden dann auch wieder. In all diesen
Zusammenkünften von Zellen ist ein Virus entstanden, der ein Eigenleben
entwickelt hat. Dieses geht nicht immer sanft mit seiner Heimat um, denn ein
Virus ist in seiner inneren Logik ein Selbstmordattentäter, der sich und
möglichst viel um sich herum zerstören muss. Ein Virus ist der Datenträger
einer Krankheit, die den Blauen Planeten bereits befallen hat. Und er scheint
tödlich erkrankt zu sein. Kühle Luft würde ihm gut tun, denn der Virus ist
ebenfalls abhängig von der Brennenden Kugel. Und würde er diesen Kolonien die
Wärme entziehen, würden sie absterben. Doch auch sein gutes Aussehen würde er
verlieren und vielleicht würde ihn das System nicht mehr erkennen, wenn er von
seiner Kur zurückkäme. Wieder befindet er sich in der Endlosschleife seiner
Angst, die ihm seine Bewegungen diktiert. Bis auf die Sonne und die Zwänge ihres
Systems hat sich bei ihm nicht viel verändert. Er hängt immer noch faul herum, nur
ist er hier ständig in Bewegung. Die Sonne würde immer auf dieselbe Stelle
scheinen und sie langsam verbrennen lassen. Doch auch so haben sich schon
einige verbrannte Stellen gebildet und manche davon sogar trotz kühler und feuchter Phasen,
als hätte die Sonne Bakterien darauf ausgesetzt, die denn Sand zusammenpressen
und grosse Blöcke daraus bilden und zusammenführen. So sieht es zumindest aus,
wie jemand mit Haarausfall und Brille, wäre dieser Planet ein Mensch. Doch ein Meister
ist nicht vom Himmel gefallen, sondern direkt an der Oberfläche seiner Heimat
geboren und schaut aus der Nähe auf alles herab. Auch er ist nicht viel weitergekommen.
Er verfasst Schriften über die gesamte Existenz, die er in einer abstrakten Form
von Block sammelt, auf das sich irgendwann jemand mal erbarmt, durch die Türe
zu blicken. Eine traurige Geschichte unter vielen, die Teil einer dieser
zahlreichen Kolonien ist, die ihre Welt erobert haben. Sie bewegen sich alle in
denselben Kreisen und kommen doch kaum vom Fleck. Auch ein Standortwechsel in eine
andere Betonwüste würde diesen Kreislauf nicht durchbrechen. Sie wären nur von
leicht anderen Bedingungen betroffen. Der Virus hat sie erschaffen. Er herrscht
über alles, was ihr Leben auf diesem Planeten betrifft und bald auch etwas
weiter ausserhalb auf diesem grossen Brocken Stein, der ihn an sich selbst von früher
erinnert. So sah er damals noch aus, als er quasi in dieses System hineingeboren
wurde und im Verlauf des bisherigen Lebens hier hat er sehr viel Farbe angenommen.
Dieser andere hat seine Blüte bereits hinter sich und ist offensichtlich daran
zugrunde gegangen. So könnte er auch enden, ob er hier bleibt oder nach
draussen in diesen beschissenen Raum geht, wo er sich befindet und seine
gesamte bisherige Existenz beinhaltet. Und irgendwann wird er wieder zurück
gesogen und kann nicht mehr darüber bestimmen, wo es ihn hin verschlägt, egal
wie er sich jetzt entscheidet. Und so sendet er erste Signale nach draussen aus,
doch kommt nicht weiter als dieser tote Brocken von einer Kugel. Vielleicht
gibt es ja noch anderes Leben da draussen, doch wie soll er dieses finden unter
all diesen Leichen, die ihn überall umgeben? Vielleicht würde er ersticken, noch
bevor er etwas findet, dass seine Existenz mit Sinn füllen könnte. Doch
eigentlich passiert das schon ständig und zwar durch die Welten des Virus, die
er erschaffen hat. Er sieht, wie sie wachsen und vielfältiger werden. Nur können sie ihn noch nicht hören. Da draussen könnte er wahrgenommen werden und vielleicht
sogar verstanden, hier drin bliebe alles nur für sich. Und abermals schreit er
nach draussen und hofft, dass ihn jemand hört. Wieder nur dieser tote Planet
neben ihm. Also gibt er es abermals auf, ein Klangbild zu schaffen und auch ein
Meister setzt sich wieder hin.
- RvH - 11.08.2019 - 20:28 - 0034 -
- RvH - 11.08.2019 - 20:28 - 0034 -