Krankes Vieh


Abermals dieser Bastardjunge mit seinem zurückgebliebenen Gesicht. Dieser Klient seiner Selbst wurde in diese Welt hineingeschissen, um meine Paranoia zu personifizieren. Er ist ein niederes Menschentier, das ständig auf der Jagd nach der nächsten Bestätigung ist. Die Beute trägt er immer mit sich herum auf seinen Beifahrersitz im Auto einer anderen Beute und kutschiert sich so zu seinen potenziellen Tatorten. Er schaut sich das bisher Erreichte in seinem Spiel der Ringe an und ist nie zufrieden damit. Er will immer mehr. Ein degenerierter Pilz, vergiftet durch den Kapitalismus, welchen er als seine natürliche Umgebung definiert hat, ohne davon überhaupt etwas mitgekriegt zu haben. Dieses Viech fürchtet die Natur, sie beinhaltet zu viele Prozesse und Elemente, die er nicht versteht und blöderweise liegen in seiner Dummheit all seine Komplexe begraben. Diese versucht er zu kompensieren mit seinem pseudodeepen Männlichkeitsgehabe, das nicht viel anders ist als die bisherige Geschlechterrolle. Er zwängt sich dennoch auf - nicht mit direkter physischer Gewalt - aber dafür mit einer Aufdringlichkeit, die Abstand hält, bis gewisse Schlüsselreize ausgelöst wurden und er sich so langsam, aber stetig nähern kann. Wenn er sich für dieses Manöver entschieden hat, gibt es kein Zurück mehr, denn er hat seine Beute bereits gesichtet und gibt nicht auf, bis er erfolgreich war. Seine Umgebung ist ab da an nur noch eine weite Fläche voller Hindernisse, denen es auszuweichen gilt. Ein Raubtier in freier Wildbahn, das sich mit seiner Mähne anlacht, was ihn anmacht und Vorteile verschafft. Bestätigung alleine genügt ihm nicht mehr. Er will Einfluss, er will Macht. Er will seine Umgebung besitzen und alle Menschen darin. Sie sollen ihm dienen, dem Herren seiner Sinne, deren Informationen er fehlinterpretiert und so fast wahnsinnig handelt. Er wahrt sein Gesicht, seine Arme ausgestreckt für den letzten Sprung, was wiederum sein Gegenüber fehlinterpretiert und sich deshalb geschmeichelt statt bedroht fühlt. Doch ich fühle mich bedroht. Er sendet mir zwar keine akustischen Signale mehr, doch starrt er mich aus seiner Maschine herablassend an und überlegt sich bestimmt, wie er mich umstimmt, um mich wieder einzufangen. Ich wurde ein wertvolles Pokémon für ihn. Eines, welches eine Spezialtechnik erlernt hat, die es nur sehr selten gibt und mit der er eine bestimmte Tür zu einem Paradies öffnen kann, das er besitzen will. Er darf nie an viel Geld gelangen, denn entweder würde es ihn zum Präsidenten machen oder in den Ruin treiben. Für beides ist er genug verblödet. Ich verfluche seine Existenz, auf dass letzteres eintritt - egal in welcher Form. Doch sein Wahn darf ihn nicht zu mir treiben, sonst stirbt er und wird als Leiche - wenn sie überhaupt gefunden würde - nicht identifiziert werden können. Ich lasse dieses kleine Schwein leben, wenn es mich nicht weiter belästigt. Leider kann ich nicht sagen, ob er sich ein neues Pokémon meiner Art eingefangen hat, da die Panik ins Unermessliche steigt, wenn ich das Paradies betrete. Ich wüsste nicht, wie reagieren, wenn ich ihn dort tatsächlich erblicken sollte. Ein Bastardjunge kommt selten allein und ist meist von naiven Zeitgenossen umgeben, die seine Abgründe noch nicht erblickt haben, die ihn langsam auffressen, wie er es mit seiner Beute tut. Die Heilung meiner Verletzungen aus dieser Zeit ist noch nicht vollendet. Ich hänge immer noch in meinem selbstbewirtschafteten Pokécenter fest, doch nach meiner Kur werde ich magische Kräfte erlangen. Die Weiterentwicklung steht kurz bevor und dann werden ihn meine Flüche erreichen. Ein kleines Mahnmal genügt, um ihn zu zähmen. Dadurch wird er stets von aussen daran erinnert, was er mit mir getrieben hat. Vielleicht können dann auch andere Beutetiere vor ihm fliehen raus ins hohe Gras, wovor er sich immer mehr fürchtet. Überall, wo wilde Tiere und ihre Spuren auftauchen könnten, ekelt er sich. Er möchte seinen Mikrokosmos übersichtlich halten ohne Kleinigkeiten, die ihn ärgern und an seine Schwächen erinnern. Nötigenfalls betäubt er sich mit Alkohol - also nahezu täglich - was sein eh schon mickriges Bewusstsein weiter schwächt, bis seine primitive Denkweise auf sein Verhalten überschlägt und die letzte Grenze überschreitet. Paranoia geht auch mit berechtigten Befürchtungen und diese lässt den Wunsch in mir steigen, aus dieser Hölle zu flüchten. Es hat den letzten meines Alters gefressen, dieses Scheisskaff. Durch mich wird es einen zweifelhaften Ruf erlangen. Es soll an seinen Abgründen ersticken und eingehen. Ich beginne mit dem Vieh. Eines nach dem anderen, bis keines mehr da ist. Nemesis.

RvH, 18.08.2019, 19:52, 0040