Die Szene der dezenten Esoterik
Um es vorweg zu nehmen, ich glaube an den Tod. Damit meine ich das Ende, also das Ende des eigenen Bewusstseins. Wir sind Tiere, meine lieben Egomanen da draussen. Wir sind zwar relativ klug im Vergleich zu anderen Tieren, doch das macht uns nicht unsterblich. Kommt mal von eurem Esoteriktrip weg, sonst ziehe ich euch mit meiner depressiven Art hinunter in den süssen Abgrund der Menschheit, an dem man sieht, dass das eigene Handeln tatsächliche Auswirkungen hat und es somit nicht egal ist, was man macht, ihr armseligen Hurensöhne. Und Töchter. Eure Westentaschenpsychologie vermutet es richtig, ich habe durchaus Beweggründe, weswegen mir dieses Thema und dessen Zerstörung am Herzen liegt. Nicht nur mein Alter Ego Rome van Heer und seine glorreiche Zukunft haben mich davor bewahrt, endgültig durchzudrehen. Es gab auch reale Menschen, die tatsächlich existieren, die mir den Glauben an die Menschheit, nein, ich meine, das Wissen über deren Potenzial aufgezeigt haben. Zum einen wäre da eine leicht wahnsinnige, ältere Dame aus meiner Verwandtschaft, deren Wahnsinn sie noch etwas am Leben hielt und ich mich dadurch immer sehr wohl bei ihr gefühlt habe wie sonst kaum bei jemanden. Sie riecht wie ein Gaultier und hat eine grosse Fresse wie ein Maultier. Das war mir stets sympathisch. Und sie hat mich ernst genommen, auch weil sie ehrlich wusste, dass sie von kaum was eine Ahnung hatte und daher sogar von mir etwas lernen kann, auch wenn sie es eine Sekunde später gleich wieder vergisst wie eine Fliege. Zum anderen hätten wir einen weiteren Satan aus dieser mystischen Hip-Hop-Szene. Wie alle darin kenne ich ihn natürlich nicht persönlich, doch als ich die kurze Bio auf der Crew-Website gelesen habe, war ich sofort sein grösster Fan. Nach dem blondierten Satan aus Amerika habe ich unbewusst nur auf eine deutschsprachige Version gewartet. Leute, die mir bestätigen, dass alles im Arsch ist und trotzdem versuchen, weiterzuleben, aber ohne sich dabei zu verbiegen im Gegensatz zu allen anderen. Dieser Satan trug bei seinem kommerziellen Durchbruch eine blaue Tracht und ein rotes Cap, wie es sich für einen guten Satan gehört. Er hatte ein freches und leicht verpeiltes Grinsen und die Ausstrahlung von jemanden, der mich früher gemobbt hätte. Nun ist er fett, alt und nur noch ein Schatten seiner selbst. Er hat sehr lange durchgehalten und bei seinem letzten gar Doppelalbum habe ich ihn bisher als einzigen Rapper für endgültig safe befunden. Doch ich habe mich getäuscht. Sein neustes Album ist voller Floskeln aus der dezenten Esoterikszene, welche sich mit Selbsthilfebücher über Wasser hält, wie sie schon vor 50 Jahren existierten, siehe Fargo. Eine beliebte Zielgruppe sind frustrierte Hausfrauen und man ahnt schon, durch wen ich Kenntnis von dieser Szene erlangt habe. Diese wahnsinnig sympathische Dame aus meiner Verwandtschaft ist in den letzten Jahren endgültig durchgedreht, weil sie wegen ihrem Kind nun funktionieren musste. Es wäre verantwortungslos gewesen, sich ihren Depressionen hinzugeben wie einst vor langer Zeit und brauchte daher einen Ausgleich. Klar ist die Westentaschenpsychologie von vielen aus dieser Szene gar nicht mal soo schlecht und vor allem nicht von manchen Autoren, die ihre Lebensgeschichte ganz gut reflektieren können. Das trifft sogar auf manche Gottgläubigen zu. Doch bei beiden sind die Schlüsse, die sie daraus ziehen, nur irgendwelche Verdrängungsmethoden, die verhindern, dass man Ängste und andere Komplexe weiter aufarbeitet und sich immer wieder in den Kampf begibt, da Prägungen eben doch nicht so leicht sind, loszuwerden. Den meisten genügt es, grob zu verstehen, wie man so geworden ist, wie man gerade ist, doch verstehen nicht, dass sie ab diesem Moment nicht sofort befreit sind von all dem Dreck in ihren Köpfen. Doch um es sich selbst und ihren Glaubensgeschwistern zu beweisen, spielen sie die Rolle des immer entspannten Menschen, dem nichts aus der Ruhe bringen kann. Analog zu Verschwörungstheoretiker vergessen sie ab dem Moment, alles und vor allem sich selbst zu hinterfragen. Sie tauschen lediglich ihre Rolle gegen eine neue ein. Selbst manche Introvertierte lassen sich ihre erste Rolle von aussen auferlegen und verlieren dadurch ihren menschlichen Charme. Und selbst diese können ab da an nicht mehr reflektieren, auch wenn ihnen ihre Unsicherheit in jeder Sekunde, in der sie unter Menschen sind, in die Fresse ballert und den Kopf mit all diesen Gedankenspiralen füllt, welche sie ständig schweigen lassen. Wenn ihr wissen wollt, wie es sich anfühlt, wenn man sich erbarmungslos über alle Unsicherheiten bewusst ist, die einem lenken: Genau so. Wenn ihr wissen wollt, wie man sich dann verhält, wenn man diesen Unsicherheiten nicht mehr ausweichen kann mit Egomanie und Rollenspiel: Genau so. Es handelt sich dabei um keine gute Geschichte, die ihr in pseudodeepen Gesprächen erzählen könnt und ihr werdet euch dabei auch nicht wohl fühlen. Ihr werdet euch nichts mehr schön reden können mit, es müsse so sein und so weiter. Ihr werdet die Realität entdecken und merken, dass es leider wirklich so ist, wie es ist. Ich habe die zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben an eure scheiss Szene verloren und die eine kann ich mir nicht mehr geben und den anderen will ich mir nicht mehr geben, wenn sie den Bogen nicht mehr kriegen. Ich will euch nur meine fetten Eier präsentieren und mit meinem fetten Schwanz eure Szene zerficken. Danach puste ich den Staub vom Eisernen Thron der Rüppel und setze mich selbst darauf. Deine Zeit ist vorbei.
eeH
- RvH - 05.07.2019 - 12:07 - 0002 -