Nazi-G-Drink

 
Wenn wir hier schon bei Süchten & Prägungen sind, dann rekapitulieren wir doch mal die fortlaufende Beziehungsgeschichte mit diesem sagenumwobenen Nazi-G-Drink - ein Energy Drink, gemeinhin bekannt unter dem Namen Red Bull. Viele Sorten hab ich mir schon zu Gemüte geführt und damit meinem in früher Kindheit entstandenen Drang nach Zucker Futter gegeben. Diabetespotenzial vom Feinsten. Bislang Glück gehabt. Auf manchen Sorten bin ich längere Zeit hängengeblieben, doch zog es mich irgendwann immer wieder zurück zum Original, das weder zu viel Zucker, noch einen zu aussergewöhnlichen Geschmack besitzt. Es hat die optimale Mixtur, um zu vergessen, was für Scheisse man sich hier literweise hineinschüttet. Der Dosenabfall nahm damals in der schlimmsten Phase der Depression das absurdeste Ausmass von allem an: Ein dicker und sehr lauter Teppich aus Aluminium. Durch diesen hindurch formten sich wenige Wege, die die notwendigsten Orte des Loches begehbar machten, der Rest wurde aufgegeben und als Mülldeponie missbraucht. Hätte mir doch jemand beim ersten Nazi-G-Drink, den ich mir noch hinunterwürgen musste und kein bisschen genoss, ein Bild meiner ersten Wohnung gezeigt, dann hätte ich vielleicht darauf verzichtet, mir diese Scheisse schönzutrinken, bis es endgültig mein Suchtgedächtnis geprägt hat. Dabei liess es sich genügend Zeit, in der ich es mir ohne grosse Mühe noch entwöhnen hätte können, doch als die Zwanziger begannen, da schlich sich ein Zwangsentzug und der Frust über die Unterficktheit einer Jungfrau ein, so dass ich nur nach anderen Kicks gesucht habe. Ein relativ harmlos daherkommendes Zuckergetränk, das vermeintlich Flügel und Energie verleiht, aber den Geist nicht benebelt, wollte plötzlich täglich konsumiert werden. Und Kaffee wollte mir nie so recht schmecken oder eingewöhnen lassen - auch wegen des unerträglichen Mundgeruchs, der mir in How I met your Mother bestätigt wurde. Egal. Irgendwann bemerkte ich allerdings schockiert, dass der Entzug von zu viel Zucker einem Gottverdammte Kopfschmerzen bescherte. Da war also dann doch eine Droge, die mir einen körperlichen Entzug ermöglichte. Alkohol kam nie bis zu diesem Punkt, weil mir dessen Flash immer unsympathischer wurde und Alkis selbst für mich zu erbärmlich sind. Lieber verpeilt auf dem Sofa sitzen, statt niedergesackt und selbstmitleidig. Gerade drängt sich mir die Frage auf, welches Gift zuerst war. Meine Vermutung neigt eher zum Nazi-G-Drink, doch mit Sicherheit kann ich das nicht mehr sagen. Eines von beiden war aber meine Einstiegsdroge. Nicht Gras. Armes Gras, das immer in die Schublade von noch viel übleren Drogen gesteckt wird. Nicht einmal ein Jointstümmelsammler, wie ich es bin, ist so abgefuckt wie andere Junkies. Ha! Aber auch wir - denn wir sind mehr, als man meinen könnte - sind schon recht erbärmlich. Andere Story, hab aber bereits das erste Weiblein in diesen Spielen entdeckt. Die ist tatsächlich vollkommen Schambefreit, wie sie den Behälter aus den Bahnhofsaschenbecher einfach hinausnimmt und in ihren Plastiksack entleert. Faszinierendes Wesen. Jedenfalls, Nazi-G-Drink. Weil ein Nazi dies Red Bull Imperium führt. Weiss ich von einem Colasüchtigen: Böhmilein. Ich steh trotzdem drauf. Es ist nicht nur mein Kaffee-, sondern auch mein Kokainersatz. Bei gelegentlichem Konsum wirken bereits zwei kleine Dosen unglaublich aktivierend. Koffein & Zucker sind King! In die richtigen Bahnen gelenkt, könnten sie mir stundenlange Produktionsphasen erleichtern. Vielleicht genügt dazu aber auch schon eine Eingewöhnung in die Nüchternheit, denn wie es einst ein weiser Greis sagte: Wenn euch die Energie fehlt, dann hört einfach zu kiffen auf. Recht hat er! Nur ein gelegentlicher Kick von manischer Euphorie darf ich mir in den nächsten Jahren gönnen, denn ansonsten hängt mir dies Suchtgedöns ewig am Hals. Und das wäre schade um die Möglichkeit eines Rauschzustandes, der dann auch wieder vorbeigeht und nur bei passender Gelegenheit auf Besuch in die kopfinternen Gemächer eines Meisters kommt. Dann gibt es keine unnötigen Konflikte, kein unaushaltbarer Stress bei Zwangsentzügen und vielleicht wartet am Ende der Sucht bereits eine lukrative Rapkarriere auf mich, die mich aus meinem Elend befreit und beweist, dass all das Leid sich zumindest für mich gelohnt hat. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ihr geächteter Dorftrottel. 
 
- RvH - 28.09.2021 - 18:20 - 0418 -