Für mehr Freiheit des Rauches

 
Hat ernsthaft eines der letzten Ungetüme etwas von Rauchfrei gelabbert? Eigentlich taten dies schon zu viele davor, als dass irgendeines noch daran glauben könnte, dessen Prophezeiung würde wahr werden. Meist fühlen sich diese Momente nicht einmal so an, als glaubte ich oder ein Ungetüm ernsthaft an dieses Vorhaben, doch ich glaube, das letzte meinte es wirklich so. Manchmal kommt das noch vor und verfliegt spätestens am nächsten Tag und löst sich in Rauch auf. Niemals werde ich den Entzug meistern, auch wenn sich mir just in dem Moment, als ich dies schrieb, der Gedanke aufdrängte, dass ich einfach das radikale Negativ einer naiven Hoffnung einschlagen sollte. Einfach stetig behaupten, dass ich das mit dem Entzug niemals meistern könnte und schon schleicht sich die Sucht langsam davon, ohne dass ich es erst überhaupt merke. Unwahrscheinlich. Allein die Gefühlsexplosionen innerhalb der ersten Stunden eines nüchternen Geistes machen mich auf den ungewohnten Umstand aufmerksam, als dass ich von diesem Moment an keine Minute ohne einen Plan für Kundschaften verbringen könnte. Ab da an übernimmt der pure Stress, der mich gleich losschickt und an jeglichem Abschaum, dem ich begegne, verzweifelt, weil dieser einem die Möglichkeit auf einen reichhaltigen Fund erschweren könnte. Meist lässt sich aber nichts finden und so schreiten wir frustriert voran ohne auch nur eine Blüte, die die Nerven ein wenig beruhigen könnte. Nach einer Weile sind dann doch genügend vorhanden, um sich daraus ein schönes Jointchen zu drehen, aber die Genügsamkeit will sich nie so recht einstellen. Daher wird weitergesucht, bis die Energie nachlässt und es zu anstrengend wird, noch weiter durch die Gegend zu rasen. Sogleich kehrt der Stress zurück, denn immerhin könnte man schon längst Zuhause und high sein, aber bis dahin gilt es einen weiten Weg zurückzulegen, der entweder durch den Strassenverkehr voller Autos, in einen Zug voller Abschaum oder an den Wegen eines beschissenen Kaffs entlangführt, bis unsereins ausgelaugt auf dem Sofa ankommt und sich keine Verschnaufpause gönnt. Schliesslich liegt die Medizin bereit und will zerkleinert werden, was meist über eine Stunde in Anspruch nimmt, währenddessen sich der letzte Schub des Stresses über unser Gemüt erhebt und verunmöglicht, sich diese Scheisse noch etwas aufzuheben. Schon oft habe ich versucht, eine grosse Menge einzusammeln, die den täglichen Bedarf bei weitem übersteigt, doch natürlich verlangt der Junkie in mir, dies alles noch am selbigen Tage zu vernichten. Also zwingen wir unseren Körper gemeinsam dazu, der an all dem Rauch fast erstickt, doch wir wissen, dass wir ansonsten gleich am nächsten Morgen den Rest aufrauchen. Den morgendlichen Flash geniessen wir kaum, denn immerhin wurden wir bereits angefixt und planen bereits die nächsten Kundschaften. Einen ganzen Tag halbdrauf zu sein, ist noch viel schlimmer, als nüchtern sich die Hoffnung auf ein trostloses Erfolgserlebnis einzureden. Zwar sind diese Kundschaften am anstrengendsten, weil die kürzlich geschädigte Lunge protestiert aufgrund der körperlichen Betätigung, aber wird uns dadurch auch vorgeführt, wie viel Kondition schon nach einem halben Tag zurückkommt, wenn der letzte Joint gegen Abend des gestrigen Tages geraucht wurde. Dies könnte nur besser werden, was bei jedem Aufschrei eines frustrierenden Entzugsversuchs ebenfalls erkannt wurde. Das Volumen, das latent vorhanden ist in meiner Stimme, ist nach einem rauchfreien Tag schon so umfassend, dass ich mir niemals einreden könnte, ich wäre doch nicht für solch gesangsartistische Einlagen auf höchstem Niveau geschaffen. Ich bin ein zugekifftes Genie. Also brauche ich keine ernsthafte Angst davor zu haben, es doch nicht zu packen und doch scheisse ich mir gerade deswegen jedes Mal von neuem in die Hosen. Allein all die Pendenzen, die sich in einem depressiven Scheissleben ansammeln, lenken zu sehr von der Erlösung meines Trotts ab, dass ich spätesten nach einem Tag wieder auf Kundschaften gehe. Mehr rauchfreie Tage an einem Stück hatte ich bislang noch nie, auch nicht mit der Übergangshilfe des verdammten Giftes nicht, da dieses in den letzten Jahren den Frust nur so in ungeahnte Höhen steigen lässt. Ein erbärmliches Alkiarschloch erwartet mich am Abgrund meiner Seele. Und allein diese Vorstellung hält mich nicht davon ab, diesen Junkielifestyle weiter durchzuziehen? Ich bin wahrlich verloren. Nicht einmal Satan konnte mich davon überzeugen, diese Scheisse hinter mir zu lassen. So bleibt mir für die letzte Würde nichts anderes übrig, als mir meine Ohren taub zu schlagen, auf dass ich keine nervtötenden Geräusche mehr höre und meinen Traum endgültig begraben kann, ohne jemals etwas daran ändern zu können. Schreckliche Vorstellung. Genug schrecklich für den Suizid. Und dann hätte das Leiden endlich ein Ende. Auf nie mehr Wiedersehen, ihr nicht vorhandenen Leser, ihr. 
 
- RvH - 29.09.2021 - 20:24 - 0425 -