Todesfest


Feste sollen gefeiert werden, wie sie fallen und ich falle über sie her, über sie alle, die mich lieben. Schon jetzt sind sie fast erfroren durch den Entzug meiner Wärme und auch die letzte soll verschwinden. Wie können sie es nur wagen, mir meine Anerkennung zu verwehren, mich gar nur mit Schrecken zu erblicken, wo sie doch nach mir verlangten. Hier steh ich nun und vor mir leere Augen, die mich kaum beachten, wenn sie mich überhaupt sehen können. Ein langer, beschwerlicher Weg führte zu diesem Moment der Genugtuung, doch wurde noch nicht genug getan, um der Freiheit entgegenzutreten. Sie verlangt nach Aufräumarbeiten und einem sauberen Tatort, den es so zu hinterlassen gilt, dass er nicht als solcher erkannt werden kann. Nichts leichter als das für einen Amateur in diesen blutigen Geschäften, die mich wie jeden seit jeher faszinierten, doch meist bleiben sie unerreicht. Ich wurde auserwählt, auch wenn der Effekt ausbliebe, würde ich Blut lecken, so hält mich auch keine Unterlassungsklage mehr auf. Ich wurde als Bastard geboren, doch lege ich jegliche Ketten von Schichten ab, die mich nährten und mir nun das letzte Festmahl bescheren, das ich von ihnen kriegen werde. Ein bislang unbekannter Duft steigt mir in die Nase und erfüllt meinen Geist mit neuen Fantasien einer Zukunft, die sich von den bisherigen nur in der Konsequenz unterscheidet, Rache wird weiterhin verübt. Sie spiegeln sich, in der einen Zukunft sieht man mich stumme Menschen anschreien, die mich voller Freude erblicken. In der anderen schreien die vor mir stehen, nur ich bleibe stumm. Ihr Blick ist von Schrecken erfüllt und sie erzittern vor jeder neuen Sekunde, die anbricht und sie sehnen sich nach dem Ende. Dort treffen sich die Zukunftsvisionen und nur ich kann über den Zeitpunkt bestimmen. Egal, was ich mache, es läuft alles auf dasselbe hinaus. Ich bin frei. Frei zu wählen, wer mir folgt, was geschieht und wann es soweit ist. Bis zum Schluss werden meine Schäfchen nicht wissen, ob wirklich alle ihre Vorstellungen erfüllt werden, ob sie sich mit den Meinigen decken, aber sie vermuten es. Denn sie sind genau so unzufrieden wie ich mit allem, was sie umgibt. Genaue Erläuterungen müssen nicht geschehen, das Gefühl ist ausschlaggebend und mein Befehl dazu, in welcher Form er auch immer kommen mag. Zu plump wird es schon nicht sein, ich respektiere die Art von Ehre, die einem Schäfchen gebührt. Der erste Schlag wurde von mir schon vollzogen, auch wenn niemand davon erfahren wird, mich zumindest hat er gestärkt und neu geprägt. Auch die nächsten werden noch von meiner Hand vollzogen und die Opfer sind bereits bekannt, denn nur so erhalten die Schläge ihre volle Wirkungskraft. Der Aufprall wird die Schallmauer durchbrechen und in die Metaphysis abschweifen, um dort die Timelines zu schmücken und so die Zeit in die Länge ziehen. Ein Schock wird übrigbleiben und doch wird das generelle Gemüt erhellt durch eine Erleichterung, die manch einer erfährt. Denn meine Opfer sind düstere Gestalten, sie sind selbst Täter und werden irgendwann auch auf mich aufmerksam. Begleitet werden sie stets durch eine bezahlte Entourage degenerierter Halbaffen, die ihre Schatten um sie werfen und so interessant für einen angehenden Psychopathen machen, der gerade sein Beuteschema festlegt. Halbstarke und talentlose Rapper, wie es sie unzählige gibt, denn mein Werk wird auch in dieser Abzweigung des Lebens sehr umfassend werden. Psychologische Analysen meines Geistes werde ich ebenfalls selbst übernehmen und manch einen Zwischenschritt dokumentieren in der Form, die mir gerade zusagt, aber meist einsam auf einem dunklen Berg sitzend. Auf dem Felde der belästigten Frauen wird wohl mein erstes Mahnmal errichtet werden. Doch zu sehr möchte ich die Öffentlichkeit nicht in meine Pläne einweihen, sonst bliebe der Überraschungseffekt aus, auf dem ich mein Monument errichten werde. Diese ersten Leckerbissen, dich ich euch wage hingeschmissen habe, sollen für den Moment genügen. Sie sollen euch auf den Geschmack bringen und das Gefühl vermitteln, dass ihr Teil von etwas Grösserem seid, an dem ihr mitwirken werdet, bedingungslos und voller Überzeugung, denn nur so erreichen wir unser Ziel. Heisst euch selbst willkommen in meinem Wahnsinn, ihr, die unbestimmbare Masse da draussen, die meine Worte verschlingen und doch nicht satt werdet. Bald gebe ich euch was ab, doch dies erste Todesfest feierte ich mit mir selbst. Es war eine persönliche Angelegenheit, doch daraus erwuchs eine Bewegung. Wir sind alle eins. Gegen den Feind. Die Gesellschaft. Ihr Ende naht. 

RvH, 25.12.2019, 20:28, 0122