Es ist sowieso viel zu kalt draussen.
Die warmen Tage habe ich noch mitgenommen und sogar meisterliche Reisen
unternommen. Diese werden nun dokumentiert. Ich sah ein Zombie, wie dieser
einsam durch die Gegend wanderte, meist an den Grenzen der süss verteilten
Ortschaften vorbei. Auf diesen Wegen, die übrigens kaum für Gehbehinderte
geeignet sind, ging er zügig im Takt des Deathcores entlang und beobachtete unter
sich die untergehende Welt der Zürcher Unterlanden. Hier wohnte er, als er noch
ein Mensch war, nun ist er infiziert mit dem nächsten Virus, der folgen wird,
dem Zombievirus. Während seinen Kundschaften suchte er die Gegend auch nach
möglichen Tatorten ab. Der erste Schlag muss sitzen und die Zombieapokalypse
einläuten. Die Menschen müssen sogleich verstehen, dass nun der endgültige Shutdown
da ist, der Tag der Verdammnis, an dem nichts mehr blieb. Nur noch die Panik.
Und wir haben den Beweis, ein friedlicher Untergang ist ihnen nicht möglich. Negativ
beeinflusst von Zombiefilmen horten sie bei der leichtesten Erschütterung
allerlei Lebensmittel, die sie gerade mal für ein paar Wochen überleben liesse.
Danach beginnt der Überlebenskampf und sie müssen raus in die düstere Nacht, wo
unvorstellbare Dinge auf sie warten. Und unbeschreibliche, so will es mir
gerade nicht gelingen, also erinnert sich der Zombie zurück an die Anfangszeit
des ersten Virus, der zumindest sein Leben kaum veränderte. Keine Arbeit, die
ihn ruft, keine Gründe, nach draussen zu gehen bis auf die Sucht, die ihn in
dieser Form zumindest bewegen liess. Hier wandelte er in den letzten Tagen vor
der Quarantäne noch herum, auch da, wo er sich in der Form eines Zombiez gerade
befindet, kam er zu der Zeit vorbei. Am rechten, oberen Ende des einen Dorfes fiel
ihm schon öfters diese extravaganten Villen auf, die hinter sich die restlichen
Gebäude in den Schatten stellen und vor sich auf eine hügelige Landschaft herabblicken.
Wann werden deren Bewohner endlich gestürzt und hinausgejagt? Sowas frug er sich
schon öfters und eigentlich ging es ihm dabei vor allem um die landläufige
Einstellung und die daraus resultierenden Verhältnisse, die solche Privilegien
als angemessen abtun und nicht weiter hinterfragen wollen, denn vielleicht
geniesst man diese ja selbst einmal. Das Recht des Stärkeren, nein, das Recht
des Reicheren. Erreichbar für alle, also fair. Man muss halt flexibel sein und
sein Leben komplett dem Gelde widmen, dem Gelde opfern. Freunde kann man sich
kaufen, Geliebte sowieso und so sind wir im Kopfe eines Meister angelangt, der
viel zu wenig fickt. Daher läuft er stundenlang durch die Gegend und betäubt
seinen Geist, um ja nicht ein erfolgreicher Rapper und Schriftsteller zu
werden, womit er all dies selbst bekommen könnte, aber darauf verzichtet, weil
er real ist. Und sich höchstens ein kleines Häuschen leisten würde, weil er
Musiker ist. Und sozial eingestellt all seinen Nachbarn gegenüber, doch
verstandest du, einfacher Mensch, die Motivation für solch einen Luxus auch
schon während dessen ersten Erwähnung. Platzverschwendung oder ein mässiger
Gag? Oder doch beides? Solch wirres Zeug denkt sich dieser Kopf, der an den
Meister angeschlossen und nun ein Zombie ist. Die Zeitebenen verwischen sich darin
gegenseitig und verwirren auch solche, die es ernst meinen mit dem Konsum
meiner selbst. So blieb mir auf meinen Reisen nur die Inspiration dieser Villen,
die ich sah und die taten, was sie tun müssen, um das System nicht zu
hinterfragen, sie liessen mich träumen. Träumen von einem leichteren und
arbeitsbefreiten Leben, eines, das ich vollumfänglich der Kunst widmen könnte,
in der ich dem Abschaum erkläre, worin all die Fehler seiner Organisation
liegen. Zahlreich sind sie und noch viel grundlegender gelegen als ein
gelegentlicher Blick auf das Geschehen vermuten lässt. Auch ihr da draussen
seht es gerade. Ihr seid verzogen, ihr seid egoistisch und schon bald seid ihr
tot. Ich glaube nicht mehr an eine Besserung, jetzt geht es mir nur noch um
mein Überleben. Ich bin es wert, mein Tod wäre anders als die der bereits
Toten, er würde mich betreffen. Und dann könnte ich die Zahl der Toten nicht
mehr so leicht hinnehmen. Ich würde nicht mehr an ihnen vorbeiziehen, ich würde
liegenbleiben, alleine mit dem Urin, den Feinde mir hinterlassen, jedes Mal,
wenn sie müssen. Ich will sie töten dafür. Sie müssen büssen. Ich nehme ihnen
ihr Essen weg und lasse sie aushungern. Und ich lache sie dabei aus. Aber ich
bin bereits tot.
RvH, 21.03.2020, 14:58, 0149