Dystopie der Gegenwart


Es gibt auch noch andere, näher gerückte Dystopien, die auch schon unbeabsichtigt angedeutet wurden. Die Dystopie der Schönen Neuen Welt von 1984, die, ich behaupte es einfach mal nach den ersten Seiten, mit GRM einen würdigen Nachfolger erhalten haben, welcher realistischer an die ganze Sache herangeht und nicht nur dadurch, sondern auch wegen des Wissensvorsprungs ihre Vorgänger in den Schatten stellen wird. Diese These wird in der nächsten Zeit überprüft. Doch nun zu des Meisters Andeutung, in der ein fatalistischer Alter auf den Strassen der Grossen Steinmauer in weiser Voraussicht ahnte, dass die Jungen nun nicht mehr aus ihren Computern rauskommen werden. Auch seine These könnte sich bestätigen, so behaupte ich es Ende März 2020 einfach mal, weil ich es kann. Derzeit kann mir niemand das Gegenteil beweisen, da die Zukunftsforschung eine eher ungenaue Wissenschaft ist. Zwar treffen manche Prophezeiungen den Kern gewisser Entwicklungen sehr genau, ob sie nun von Nostradamus, Aldous Huxley oder auch George Orwell und Sibylle Berg stammen, aber es gibt tausendmal so viele, die gar nichts treffen bis auf ihre Beine, wenn sie sich selbst anpinkeln, um ein wenig Wärme zu spüren. So behaupte ich dies, gestärkt durch meine Kenntnisse in anderen Bereichen, und die Erfahrung gibt mir recht. Es gibt viele Schwätzer hier im Internet und gerade auch dort draussen in der echten Welt, vor kurzem noch sogar nur. Und auch schon damals wurden sie gehört, sofern sie gefördert wurden, nun braucht es keine Förderer mehr. Nur noch hörige, vom Lärm der Welt schwerhörige Zeitgenossen, die alles glauben, was eingängig für sie vorformuliert wurde. Aber auch schon damals, die Wahrheit liegt in dieser Sprache begraben. Und ich hole sie heraus mit meinen flinken Fingern, die sich eine Schaufel nur vorzustellen brauchen, um sie hervorzuholen und sie graben damit die ersten Menschen aus der Quarantäne aus. Es war eine unerwartet harte Erfahrung für den konditionierten Menschen, der plötzlich mit all den Dreck in seinem Kopf konfrontiert wurde, da er ihm nicht mehr so leicht ausweichen konnte. Es blieb ihm nur noch der Bildschirm und seine Unfähigkeit, sich ihm zu entziehen. Sein ganzes Verhalten war auf Belohnung ausgerichtet und im Kollektiven Gedächtnis gab es reichlich davon, viel mehr als in der echten Welt. Seit dem Virus schwinden auch die restlichen, man könnte sogar mit recht befürchten, Ärger zu kriegen, wenn man überhaupt rausgeht. Nicht alle können einen Quarantäne-Podcast starten, der auch gehört wird, so bleibt einem nur der Konsum der Virtualität und dieser Markt boomt wie schon länger nicht mehr. Wage Schätzungen. Dagegen ist die komplette Wirtschaft der echten Welt innerhalb von Wochen zusammengebrochen und die Erde dreht sich weiter. Die Krankenhäuser schaffen das schon. Der Staat scheint noch aktiv zu sein, man sieht ihn ja auf jeder zweiten Website, und die Polizei kümmert sich um die entflohenen Corona-Zombiez. Lifehack für die Deutschen: Schweiz. Hier gibt es noch Klopapier. Zumindest in den Dörfern. Weiter im Text. Ich will ja nicht noch mehr von euch hierherlocken, wir haben schon genug von denen. Zumindest in den Städten. Smiley. Genau, Internet. Keine Ahnung, woher die Inspiration für diese abgehackte Schreibweise kommt. Jedenfalls, wir waren gerade bei den Anfangstagen des Umschwungs angelangt, irgendeines Umschwungs, der passieren wird. Ganz bestimmt, denn dann passiert wenigstens wieder mal was Neues. Der Moderne Arbeitssklave ist gefangen in der Routine des Alltags, die sich auch dann nicht grossartig ändern wird, wenn ihn ein anderer Sklaventreiber beschäftigen würde. Und sollte er zwischendurch in die Freiheit der Zeit geworfen werden, würde er wohl dem Alkohol verfallen, was sich schon bald, trotz fortlaufendem Zerfall, ebenfalls in der Routine festfahren würde. Momentan wäre das aber peinlicher als zuvor, da es andere offensichtlich auch ohne schaffen, und man kann sich auch nicht mehr einreden, die Umstände wären komplett andere. Pech gehabt und so bleibt nur noch der Bildschirm. Das Tor zu jeder Welt, in die man eintauchen möchte, sofern man auf Körperkontakt verzichten kann. Mit der Zeit ging das immer leichter, die sagenhaften Dolls wurden immer besser und schon bald waren sie nicht mehr verpönt. Wie auch, die Chinesen, oder die Japaner, jedenfalls Schlitzaugen, machen uns in letzter Zeit immer mehr was vor, und wir brauchen es ihnen nur noch nachzumachen. Die Engländer auch, you fucking know, und Amerika ist immerhin noch unterhaltsam. Von dort kommen all die vielen Filterblasen, die sich weiter mit Ahnungslosen füllen und nur in den wenigsten ist deren Bezeichnung überhaupt ein Begriff, da eine Selbstreflektion nicht gewollt ist, sonst wären sie nicht darin gefangen. So bildeten sich immer neue Realitäten, die mit der Wahrheit wenig am Hut hatten, und um Konflikte um die Nahrungsbeschaffung, die damals während der Pandemie neue Ausmasse annahmen, entgegenzuwirken, wurde die Versorgung in der echten Welt vereinfacht. So blieb nur noch der Bildschirm und ein paar, die sich um die Verlorenen kümmern, weil sie dann wenigstens friedlich blieben. Es war schon gut so, auch mal nicht gross was zu tun zu haben, und wieso wieder in die triste Welt hinaus, wenn sich um das Nötigste gekümmert wird? Und von sich aus was machen, was man schon immer mal machen wollte? Zu anstrengend und wie soll das überhaupt gehen ohne Überlebenszwang? Dies frug sich der konditionierte Mensch in seinen letzten Tagen und schlief dann ein. Alexa, die Grosse Schwester, übernahm ab da an den Rest. Der Rest ist keine Geschichte, die erzählt werden muss. Sie muss erlebt werden. Richtig gutes Zeug. Geht so. 

RvH, 27.03.2020, 01:17, 0154