Alarm im Cyberspace

 
Alle schlagen sie Alarm in diesem Cyberspace, in dieser kleinen Kopie der Matrix, die immer mehr Teile eines jeden Lebens einnimmt. Schon längst ist der Zugang zur digitalen Welt kein grauer, ausladender Kasten mehr, sondern kann gar zu jeder Zeit in der Hosentasche mitgetragen werden. Wo dies Mobilfunkgerät noch vor einigen Jahren hauptsächlich für Telefonate und Kurznachrichten genutzt werden konnte, ist es mittlerweile auf allen Ebenen der Kommunikation angekommen und ist unabdingbar geworden, um überhaupt in irgendeiner Form von Zivilisation leben zu können - sei es auch noch die primitivste und zerbombteste von allen auf diesem untergehenden Planeten. Diese Abhängigkeit wie auch der Drang, sich vom Wahnsinn um einem herum abzulenken, führt dazu, dass überall Menschentiere an Smartphones hängen und auf deren Bildschirme starren in der Hoffnung, darin irgendetwas zu finden, dass ihr trostloses Leben etwas besser macht. Sie finden nichts dergleichen und werden dezent bis offensiv von Algorithmen in diejenigen Bereiche geleitet, wonach sie zufälligerweise als erstes gesucht haben. Darauf aufbauend, kommen neue Themengebiete hinzu, sofern diese im analogen Netz des Gehirnes bereits vorhanden waren. Da die Algorithmen noch auf diese Informationen angewiesen sind, um agieren können, ist die Voraussetzung für eine allumfassende Matrix noch nicht gegeben, aber wir kommen ihr Stück für Stück näher. Dennoch sind einige - teils dem Kifferwahn verfallene - Subjekte des Menschentieres bereits jetzt davon überzeugt, in einer vollumfänglichen Computerwelt zu leben, die ihnen wie im Film eine fiktive Realität vorspielt, die täuschend echt ist und nur durch gelegentliche Bugs als Fake erkannt werden kann. Mehr als ein diffuses Gefühl vermögen die Betroffenen dieser Ausprägung einer Psychose nicht fassen, doch zu mehr war Neo anfangs auch nicht in der Lage und nicht einmal ununterbrochenes Surfen in der altmodischen Computersimulation konnten ihm Beweise für seine Vorahnung liefern. Er musste erst eine Pille schlucken, bevor er richtig sehen konnte. In der Realität genügt sehr viel kiffen oder ein schlechter LSD-Trip, um diesem Wahn zu verfallen. Auch andere Wahnsinnige sind im Netz unterwegs und verbreiten ihre eigene diffuse Angst vor allen möglichen Dingen voller Panik davor, dass ihnen der letzte Rest an Freiheit genommen wird, der über Jahrtausende hinweg erkämpft wurde und ihnen in der Moderne als Freizeit, Urlaub und Wochenende präsentiert wird - als Beruhigungspille verabreicht wird. Wenn die Matrix noch nicht real ist, dann ist dies handgrosse Gerät zumindest ein optimales Ablenkungstool, um vor all dem Schrecken in der Welt zu flüchten, während die dadurch entstehenden Metadaten gesammelt und verarbeitet werden für ein angenehmeres Nutzerverhalten. Und um gezielter Werbung schalten zu können. Immerhin ist diese Scheisse nicht mehr so offensiv und offensichtlich wie damals zu Fernsehzeiten, die nur langsam auslaufen. Eigentlich kann dieser Dreck auch schnell im Internet nachgeschaut werden und selbst wenn man sich das nostalgische Gefühl des Zappens zurückholt, ist man eigentlich im Internet unterwegs, da alles über dieses Glashaus des allgemeinen Datenmülls läuft. Besser als jede noch so genaue Studie können so Informationen über alle möglichen Bereiche des menschlichen Lebens gesammelt und ausgewertet werden. Ob die daraus gewonnenen Erkenntnisse irgendwo für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, ist fraglich und auch die Absicht der wichtigsten Datensammler scheint kaum im Sinne der Forschung zu sein. Die einzige unumstössliche Tatsache ist wohl, dass es sich bei diesen Datensammler um eine Oligarchie von multinationalen Grossunternehmen handelt, die frei nach kapitalistischen Grundsätzen handelt, was jegliche Ethik ausschliesst und moralische Floskeln höchstens in der Marketingabteilung zu Herzen nimmt, da das Einfache Volk so beruhigt werden kann. Ansonsten folgen blutige Aufstände und die Jagd nach einzelnen Individuum, die ohne den Rückhalt der Gesellschaft und ihres Bankkontos ein Nichts wären wie all der Abschaum da draussen, den sie doch nur unter Kontrolle halten wollen, um nicht im Chaos zu verenden. Doch ihr Ende wird kommen, das wissen sie, weswegen sie alles dafür tun werden, um noch möglichst lange in der Unantastbarkeit zu verweilen, bis sie sterben, noch bevor der totale Zerfall der Gesellschaft eintritt. Die Pandemie hat es gezeigt, dass eine Zeitenwende eingetreten ist, deren Auswirkungen noch nicht absehbar sind. Von Links bis Recht, von Schwurbel bis Gutgläubig wird Alarm geschlagen, zum Aufstand aufgerufen und letztendlich gegeneinander aufgehetzt, da so alle Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden können. So vereinigt euch doch alle und lasst eure Vorurteile gegenüber allen möglichen Gruppen aussen vor, denn immerhin müssen wir alle gemeinsam auf diesem Planeten klarkommen. Oder schlachtet euch gegenseitig ab. Mir ist es scheissegal. Hauptsache ich mache mein Cash und kann meinen persönlichen kleinen Wahn verbreiten. Gern geschehen, ihr Opfer. 
 
- RvH - 24.05.2021 - 11:45 - 0355 -