Westside Hero

 
Ich höre in der Zukunft doch schon die vielen Stimmen des Publikums, die unseren Meister um eine Zugabe bittet. Die gestrige Trilogie wurde dann doch so glorreich ausgeschmückt, dass sie selbst noch mit einem letzten Strich abgeschlossen werden möchte, dass ich mich dann doch dazu aufgerafft habe. Es geschieht gerade. Die letzten knapp 50 Minuten mussten ja ohnehin noch wegkonsumiert werden, weswegen es für die Diva ein leichtes war, sich in eine Muse zu verwandeln. Sie streichelte mich sanft in den Bruch des Entzugs und liess mich danach noch ein wenig neben ihr liegen. Während dieser kurzen Zeit eines ausgedehnten Moments entdeckte ich die grösste Schwäche dieser Gestalt, die sich einbildet, Jesus zu sein. Es ist die Stelle in seinem Herzen, die zwar seine humanoide Seite beweist, aber ihn masslos überfordern wird, wenn seine Bestrebungen, Präsident zu werden, erfolgreich waren. Es ist ein Pazifist in ihm, der zu naiv ist, um die zahlreichen Fallstricke, in die sich sein eigen Staatsgefängnis global verstrickt hat, auch nur zu erahnen. Als ihm sein Gesprächspartner mit ein paar oberflächlichen, aber harten Fakten der amerikanischen Aussenpolitik konfrontierte, kam Jesus kurz ins Stocken. Soweit hat er vermutlich dann doch nicht gedacht. Erst gestern bildete ich mir noch ein, er trüge tatsächlich einen wichtigen Teil zu Gottes Plan bei und vielleicht tut er das auch. Aber er weiss nichts davon. Auch er ist nur ein Bauernopfer, um die derzeit grösste Gefahr für die Welt zu minimieren. Die zweitgrösste Gefahr hält er ja bekanntlich mit seinem Allsehenden Auge in Schach und versucht deren Position mit gezielten Virenangriffen zu schwächen. Bislang eher ineffektiv in Anbetracht vom Potenzial dieser Krieger des Lichts. Nun ist Kanye West in diesem Bilde nur ein Fusssoldat Gottes, doch fühlt sich gar erleuchtet von diesem kleinen Fünkchen Hoffnung, die ihm sein Herr in der Dusche kurz aufblitzen hat lassen. Muss er wissen, wie er mit seinen Figuren umgeht. Bei mir ist Satan zwar auch nicht viel respektvoller im Umgang, doch bei ihm kann man wenigstens erwarten, dass er einem verarscht. Ich allerdings erhielt durch die Finsternis, in die er mich seit Anbeginn meiner Zeit drückte, eine tiefgreifende Analyse des Weltgeschehens, die den Abgrund des Abschaums stets mitdenkt. Mein Antagonist dagegen ist vom Guten im Menschen so ergriffen, dass er die Dunkelheit in ihnen gar nicht sehen will. Er möchte ihnen doch nur dabei helfen, sich selbst zu helfen und hofft dabei auf eine freiwillige Kooperation. Im privaten Rahmen und mit der nötigen Geduld durchaus machbar, sofern das Umfeld stimmt. Die Zusammensetzung davon kann mitbestimmt werden, aber nicht in der Weltpolitik. Hier trifft man auf all die düsteren Gestalten, denen man anderswo aus guten Gründen ausweicht. Geht aber nicht, wenn es um den gesamten Planeten geht. Hier geht es aber darum, lieber Kanye, also bedenke, dass du Frischfleisch bist. Trump ist geisteskrank, weswegen er sich den Respekt auf diese Weise holen konnte. Du dagegen bist nur ein bisschen verwirrt und überdreht. Und naiv. Daher bliebest du allerhöchsten solange im Amt, bis du mit der ersten strategischen Entscheidung in Kriegsbelangen konfrontiert wirst und keinen Weg ohne irgendeine negative Konsequenz, ohne Widersprüche und Ablehnung finden wirst. Entweder du opferst dein unbeschwertes Gemüt, oder du lässt die Scheisse einfach. Man kann auch anders Einfluss ausüben, der dir auch nicht so leicht abhandenkommen könnte, wenn du durchdacht entscheidest und nicht nach den besten Schmeicheleien. Schliesslich hat der einzig wahre Westsiede Hero solch ein Gebaren nicht nötig, wenn er seinen Genius auch nur vollumfänglich nutzen würde. Gott hält ihn offensichtlich noch auf, diesen Wahnsinn freien Lauf zu lassen. Die Manie sollte geschickt in die Kunst geleitet werden, statt sie ihre Egoprobleme immer weiter ausdehnen zu lassen, bis ihr der Kragen platzt und eine völlig ausgebrannte Hand auf den Roten Knopf kracht und die Atombombe den Rest entfacht. Schäden von unendlichem Ausmass, die noch Generationen weiter alleine über die Gene getragen werden. Wäre hier ungefähr dein persönlicher Tiefpunkt erreicht, an dem du dich endlich wieder auf dich und deine Fähigkeiten besinnst? Immerhin wärest du dann noch kläglicher als Trump gescheitert. Muss man erst einmal hinkriegen. Dies Potenzial liegt tief in dir begraben, aber auch deine musikalische Muse, die kaum noch was selbst macht. Ihr musst du was zu tun geben, nicht dem Staatsapparat und seinen deinen künftigen Opfern. Vielleicht erreichst du dann auch endlich mal den qualitativen Massstab, den du dir bislang nur eingebildet hast. Ganz gut zwar, aber eben noch lange nicht das, was möglich wäre. Und übrigens, ich glaube, Joe Rogan hat dich verarscht. Ich meine, der kann dich doch nicht wirklich ernstnehmen, oder? 
 
- RvH - 29.11.2020 - 18:28 - 0263 -