Fler hat mich abermals inspiriert. Mit seinem
gewissen Flair erläuterte er mir eindrücklich, weswegen ich mein Temperament mässigen
sollte. Die Dinge fallen zu leicht aus ihrem Gleichgewicht, wenn man
ungeschickt an ihnen rüttelt. Daher sollte man Ruhe bewahren und nicht bei
jeder Stichelei mit dem Messer auf das Opfer losgehen. Lieber einfach reden
lassen und weniger Drogen konsumieren, damit man klar im Kopf bleibt. Ob Fler
nun ein gutes Beispiel für einen Verzicht auf Drogen ist, sei dahingestellt,
aber in meinem Fall brächte es mir nur Vorteile. Ich könnte mich stärker auf
den Aufbau eines realen Erfolges fokussieren, statt sich mit Kundschaften und
Frustration die Zeit zu vertreiben. Immerhin gilt es etwas vorweisen zu können,
damit man auf einem längeren Hebel sitzt statt nur den eigenen, etwas
kleinlichen Penis, um bei Vertragsverhandlungen etwas mehr auf den Tisch legen zu
können. Derzeit bin ich nur ein verpeilter Kiffer, der den Kreislauf des Mülls
erneut im neuen Heime von vorne beginnt. Längst begonnen hat. Manch ein
pikantes Foto wurde auch schon aufgenommen für die künftige Dokumentation auf
Instagram. Das sind immer noch die eindrucksvollsten Bilder, die zeigen, welch
abartige Formen so ein Müllberg annehmen kann. Aber darum kann es mir in erster
Linie nicht gehen. Ich habe noch ein paar solcher Aufnahmen in petto und für
die restliche Promo gilt es halt, neue Sujets zu finden, die sich optimal
ausreizen lassen. Wie wäre es zum Beispiel mit dem Sampling von fremden Graffitis?
Eigene werde ich ohnehin nicht hinbekommen, auch wenn ich mit dem Gedanken spiele,
ein umgedrehtes Kreuz an die Wand neben der Kellertür zu sprayen, aber kann nur
schiefgehen. Dies führt aber zu einem anderen Mikrokosmos, den es abzubilden
gilt, und zwar das angehende Studio. Lediglich zwei Schaumstoffteile kleben
oberhalb der Türe noch, die anderen sind nach und nach abgefallen, entweder
weil die Wand sich dazu nicht eignet, oder weil ich nicht lang genug gewartet
habe, um sie anzukleben. Braucht ein paar Minuten Druck für ein nachhaltiges
Ergebnis. Ich schweife in die Irrelevanz ab, daher möchte ich noch kurz
beschreiben, wie es dort unten aussieht. Unzählige Schaumstoffteile liegen
überall herum und umkreisen die Einzelteile des alten Sofas. Über all dem liegt
die Matratze des alten Betts, schmutzig von der steinigen Wand, und schreckt mit
seinem Äusseren vor weiterem Körperkontakt ab. Auf einem kleinen Tisch liegt
das Keyboard und daneben das Mikrofon. Alles unbenutzt seit der Ankunft. Lediglich
das Keyboard wurde für ein paar Lautstärketests angemacht, um deprimiert
festzustellen, dass die bisherige Isolierung nicht viel gebracht hat. Ich
fantasiere schon mit der Möglichkeit, den Zugang zum hinteren Teil des Kellers
bei Proben mit der Matratze zuzuschliessen, allerdings gestaltet sich ein Test
so etwas umständlich. Achja, die Luxusprobleme eines Meisters. Die Toilette
stinkt noch nicht. Immerhin. Die Lüftung im Bad ist verstaubt. Der Staub nimmt
immer mehr Fläche des Bodens ein und in der Küche herrscht eine Unordnung
voller Kartons und dem notwendigsten Geschirr und bla. Hier herrscht also keine
Ordnung der Dinge. Der Titel ist ironisch gemeint. Die hundert leeren CDs, die
ich gekauft haben, lassen sich nicht brennen. Ich wollte mit den hundert leeren
CD-Hüllen vernünftige physische Tonträger schaffen für die Alben, die nicht
mehr erhältlich sind und so für immer und ewig in meiner Sammlung fehlen würden,
wäre ich nicht endlich auf diese Idee gekommen. Dann hätte ich auch einen guten
Grund, einen Drucker zu kaufen, damit ich die Cover ausdrucken kann. Aber die
CDs lassen sich nicht brennen. Dabei habe ich so motiviert die gesamte
Mediathek in iTunes und Spotify gelöscht, um sie Album für Album wieder
aufzufüllen. Alles auf Eis gelegt. Nichts klappt. Oder läuft nur sehr langsam an.
Wie dieses Ungetüm hier. So langsam, wie es unterwegs ist, könnte ich es im
Schritttempo einholen und beim Vorbeigehen schlachten. Aber es ist zu langsam
für meinen gestressten Gang. Sobald ich einen Satz habe, den ich ihn dies verfluchte
Ungetüm einritzen will, bin ich mit meinen Gedanken schon bei der übernächsten
Nichtigkeit. Hinter mir wartet ein demotiviertes Viech, das doch nur endlich
freigelassen werden will und ich gebe mich abermals geschlagen und lasse es
ohne Erfolgs- und Überlebenschancen gehen.
- RvH - 31.10.2021 - 21:25 - 0458 -