Vom Käfer zum Parasiten

 
Geheiligt sei die Grosse Depression, die nicht nur mich frass, bis ich daran starb. Sie liess sich lange Zeit, um sich in mir drin breit zu machen, doch letztendlich gelang es ihr. Endgültig die Kontrolle über mein Handeln hat sie ab dem Auszug aus dem gewohnt grossräumigen Elternhaus übernommen. Ich kam zwar in ein Loch, aber in mein Loch. Das Ersparte segnete mich für ein gutes Jahr, diese vermeintlich freigewählte Pause vollends auszuschöpfen, doch log es mir nicht vor, dass die Kosten für die Freiheit deutlich höher wurden. Um diese bittere Tatsache zu verdrängen, stieg die Begeisterung in ungeahnte Höhen, jederzeit, ohne auch nur ein wenig Diskretion walten zu lassen, kiffen zu können. Selbst als diese langsam nachliess und gar einen ultimativen Tiefpunkt erreicht hat, als eine üppige Ernte einschlug, konnte ich die Finger nicht davonlassen. Also musste ich nur noch mehr rauchen, um zu verdrängen, dass der Junkie in mir die letzte Tür eingeschlagen hat. Durch diese schlang sich sogleich die Depression, die nur den richtigen Zeitpunkt abgewartet hat, um in mich einzudringen und so wurde ich niedergefickt. 5 Jahre ging diese Prozedur, in der ich erst verarmte, um daraufhin auf Deals zu verzichten. So wurde ich ein Jointstümmelsammler. Dies bin ich immer noch und nicht einmal der zweite Umzug eines Lebens hält mich davon ab, nebenbei noch auf Kundschaften zu gehen. Die Armut hält sich, aber auch in Grenzen, da nach auslaugenden Kämpfen ein halbwegs tragbares Existenzminimum ausgehandelt wurde, das sich alle paar Monate dem Nullpunkt nähert, auf dass abermals angegriffen werden muss. Erst vor wenigen Tagen das letzte Mal. Oder gestern. Gras. Ziel vorerst erreicht und nun gilt es, dies sinnvoll in Kleidung und andere Notwendigkeiten zu investieren, um meinen Scheiss geregelt zu bekommen. Gerade die Kleidung ist unnötigerweise wichtig, denn mit den derzeitigen Hosen, die alle an ungünstigen Stelle aufgerissen sind, wird es schwierig, einen Brotjob zu finden, um die Beziehung zu Erzeugern nicht noch weiter zu belasten. Die ist schon längst an der Belastungsgrenze, die wohl nur noch wenige Schritte entfernt ist. Der Übertritt soll verhindert werden. Ansonsten bin ich doppelt und dreifach gefickt. Erst Brotjob, dann schauen, wies weitergeht. So wie bisher jedenfalls nicht. Nicht nur von meiner Seite. Die letzten Jahre war ich an der Reihe mit reinprügeln. Genug Training, bevor ich die Welt angreife. Ansonsten werde ich aus einem kafkaesken Käfer zum lebenslangen Parasiten, der schon bald zum Gewaltverbrecher wird, weil er die Obdachlosigkeit nicht ertragen könnte. Auch dies gilt es zu verhindern, denn ansonsten wäre es würdevoller, die Gewalt gegen mich zu richten. Obwohl ich auf mich scheisse. Aber dieser Selbsthass kann auch produktiv angewandt werden, indem ich mir den erbärmlichen Alltag eines Modernen Sklaven für zumindest 60% gebe, um in den restlichen 4 Tagen die Eroberung zahlreicher Herzen voranzutreiben. Sollte eigentlich machbar sein, selbst wenn dies bedeutet, die Vollkommenheit einer Saga arbeitstechnisch ausgelastet zu vollziehen. Jedes Monatsende bislang bewies mir, dass ich mehr als nur fähig wäre, dies Weltwunder zu vollbringen. Gerne gehen wir von Rap oder Club 27 dies Risiko ein, doch angetrieben vom Wind der Freiheit der letzten 5 Jahre, werde ich genügend Aufschwung haben, um mir die nötige Menge schnell mal einzusammeln, damit ich die Arbeit ruhen lassen kann. Top, die Wette gilt! Der erste Teil der Wette beinhaltet, im August die Organisation meines Lebens in den Griff zu bekommen. Das heisst auch, dass ich in dessen Verlauf den Entzug hinter mich bringen muss. Käfer und Parasiten wollen mich daran hindern, doch ich bin seit Babytagen ein aufrechtgehender Mensch und kann die Viecher mit einer einzigen Bewegung von mir runterschnipsen, um sie mit der zweiten Bewegung niederzutreten. Kaputt! Danach benutze ich ihre schmierige Masse als Gleitgel für die Seele, auf dass sie auch wieder mal auf ihre Kosten kommt. Sie hat genug durchgemacht und alles hinter sich niedergerissen, damit sie nicht an den Abhängigkeiten anderer hängt und sich stattdessen auf sich selbst fokussiert. Es gibt genug an ihr rumzubasteln, weswegen auf zu viel negativen Einfluss von aussen verzichtet werden muss, damit sie sich nicht schliesslich selbst hängt - statt ihre Feinde. Gelobt sei der Herr der Unterwelt! 
 
- RvH - 30.07.2021 - 17:59 - 0398 -