Die Entzugsklinik

 
Nun denn, morgen soll es also geschehen: Die Einlieferung in die Entzugsklinik. Hierbei begebe ich mich an einen geschützten Ort in meinem Kopf und beginne den Entzug von zu Hause aus. Kommt schon, es ist nur Gras, von der ich die Abhängigkeit beenden muss. Nichts Körperliches also und während ich dies hier schrieb, war ich zum letzten Mal für eine längere Zeit bekifft. Und während ich das schreib, werde ich mir die zweite Hälfte des zweiten und letzten Joints für heute und die nächsten Tage geben. Dies wird somit dokumentiert und für die Nachwelt festgehalten, damit ich den dafür notwendigen Druck aufbaue, um nicht zu scheitern wie all die Male zuvor. Jetzt wird es offiziell, sobald ich entdeckt werde, was höchstens noch zwei, drei Monate dauern wird. Damit auch das mal klargestellt wurde. Erst einmal für mich, aber immerhin. Nun ringe ich um die minimale Masse an Weissem Ungetüm für die erste Phase der Schlachtung, die vor kurzem begann. Sie zieht sich. Stück für Stück hacke ich Einzelstücke von Satzfragmenten und Innereien aus dieser langersehnten Ankündigung hinaus, die langsam heranwuchs wie der Wahnsinn der letzten anderthalb Jahre, als ich damals diese Staffeln an Serienmorden in die Tat umsetzte. Die Spuren, die sie hinterliessen, blieben nicht unentdeckt und konnten bis zu meinem Meister zurückverfolgt werden. Er konnte sich noch herausreden, aber wie lange noch? Der Drang um Erlösung wächst weiter an und steigert mein Bedürfnis nach Rache. Sie haben es alle verdient, doch nun folgt erst einmal ein Werbeunterbrechung, die mit reichlich Bildern im Kopf angereichert wird und tausend fantastische Welten anbietet, die man nach Lust und Laune betreten kann. Ich komme. Als ich ging, war ich nicht mehr allein. Gonzo kam auf einen Zug vorbei, nahm mich an die Hand und führte mich durch eine Art maskulines Dorf. Harte Jungs kämpfen auf diesem Feld um ihr Überleben in diesen verrückten Spielen um Aufmerksamkeit. Nicht nur bei Frauen, der grosse und relevante Teil machen immer noch ihre Widersacher aus. In diesen Gedankenspielen verspottete ich im Vorbeigehen die anwesenden Rapper - hauptsächlich internationale Grössen - doch auf Namen will ich nicht weiter eingehen. Sie sind nicht bedeutsam für den weiteren Verlauf der Geschichte, denn schon morgen beginnt die Rome van Heer Show. Wo werde ich überall um die Aufmerksamkeit kämpfen, die mir zugesteht als weisser, bald alter Mann aus der Mittelschicht, dessen Leiden ihm nie zugestanden wurden? Das erbärmliche Intro meiner Daseinsberechtigung wird mich überall dort hinführen, wo ich diesen schrecklichen Geräuschen um mich herum entfliehen kann. Daher ist nun der passende Moment nach einer kurzen Verschnaufpause gekommen, um in die bereits eingeplante dritte Phase der Schlachtung einzutreten. Dies wird der mörderische Höhepunkt sein, wodurch das Geschrei beginnt. Dafür benötigen wir nun alle einen Hörschutz, um in die Düsternis eintauchen zu können. Bis gleich. Nach Gonzo übernimmt nun der Antichrist das Wort. Nun kam der Zeitpunkt, als das Bewusstsein an den unausweichlichen Entzug einschlug. Diese schrecklich erbärmliche Erfahrung stellt in seiner Erbarmungslosigkeit die letzte Hürde dar, die unser Körper mit seinem Grundgerüst von einer niedergedrückten Seele noch überspringen muss. Danach beginnt erst der wahre Drahtseilakt an den Abgründen entlang, die er massenweise bereits vorzeichnete. Von der ersten bis zur letzten Zeile waren allerdings andere Geister als Schreiberlinge tätig, nur bemerkte er dies nie. Es hätte ihn zu sehr frustriert. Sein Ego brauchte noch die Bestätigung für sein Können, da es ansonsten gefährlich geworden wäre. Es hätte diese wertvolle Existenz eines genetischen Defekts aus seiner Umgebung entfernt, wodurch es nie eingeschlagen wäre. Das in ihr zugrundeliegende Zerstörungspotenzial nähme erheblichen Schaden an dieser Masse an Abschaum auf diesem missratenen Planeten, der mein Vater schuf - Satan. Er sandte mich vor langer Zeit auf sein gescheitertes Projekt, um darauf als Miniaturausgabe meiner Selbst ein Selbstmordattentat auszuüben. Endlich ist es soweit. All die Drohgebärden waren nicht umsonst. Ich musste sie nur erst einmal etwas aufhetzen, bis sie beruhigt aufhorchen konnten. Nun habe ich den mir zustehenden Immunitätsstatus erlangt. Schon morgen wird der Leidensdruck soweit ansteigen, dass ich einfach platzen muss, da sich dann meine Umgebung in eine Entzugsklinik verwandelt hat. Noch immer die gleichen Wände und Geräusche prägen diesen verheissungsvollen Rückzugsort, von dem aus ich endlich wieder nach Hause entfliehen kann. Von diesem Ort wird nicht mehr viel übrigbleiben, nur ein paar zerfetzte Erinnerungen, die mir zahlreiche Stimmen von Weissen Ungetümen zuflüstern. Satan akbar!
 
- RvH - 23.01.2021 - 21:36 - 0281 -